Im Gespräch: Florian Henckel von Donnersmarck : Mir redet keiner rein
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Der höchste Standard als Minimalbedingung: Florian Graf Henckel von Donnersmarck Bild: picture-alliance/ dpa
Vor knapp vier Jahren gewann Florian Henckel von Donnersmarck einen Oscar für seinen Film „Das Leben der Anderen“ - und blieb in Amerika. Jetzt kommt sein erster Hollywood-Film. Ein Gespräch über Macht, Geld und die Arbeit mit den Weltstars
Florian Maria Georg Christian Graf Henckel von Donnersmarck, sehr schöner Name. Und sehr, sehr lang. Gibt’s eine höfliche Art, ihn abzukürzen?
In Amerika nenne ich mich einfach nur Donnersmarck, Florian Donnersmarck, alles andere führt zu Verwirrungen.
Den Regisseur Erich von Stroheim, den haben sie in Hollywood „Von“ genannt.
Es ist mir schon passiert, dass Amerikaner meinten, Henckel, das sei mein zweiter Vorname. Und „Von“ der Nachname. Und mit Donnersmarck konnten sie dann gar nichts anfangen. Wenn mich einer „Von“ nennt, weiß ich, wer gemeint ist.
Wann hatten Sie zum ersten Mal den Wunsch oder den Traum, nach Hollywood zu gehen?
Eigentlich war ich in meiner Kindheit und Jugend überzeugt davon, dass ich Schriftsteller werden würde. Irgendwann wurde mir klar, dass immer weniger Menschen die Geduld aufbringen, einem Buch, sagen wir mal: fünfzig Stunden ihres Lebens zu opfern.
Haben Sie sich als Schriftsteller versucht?
Nein, habe ich nie. Ich habe immer viel geschrieben, ich schreibe ja immer noch viel, nur dass es jetzt eben Drehbücher sind. Ich habe ganze Kisten voll mit Sachen, die ich geschrieben habe. Aber ich hab’ das niemals irgendwo eingeschickt. Ich hatte das Gefühl: das ist es nicht. Einmal, als es schwer war, „Das Leben der Anderen“ auf die Beine zu stellen, habe ich mir überlegt: Wenn die Finanzierung nicht klappt, dann schreibe ich es einfach als Roman.
Volker Schlöndorff, um Ihren Oscar-Kollegen ins Spiel zu bringen, hat einmal, als er für einen Text gelobt wurde, geantwortet: Womöglich sei er ja fürs Schreiben begabter. Aber man sei so schrecklich einsam dabei . . . Am Filmset sei man unter Menschen.
Ich liebe es, am Filmset zu sein. Aber wenn man Drehbücher schreibt, hockt man auch lange Zeit einsam in der Stube. Immerhin hat man den Trost, dass man, wenn das Buch fertig ist, wieder unter Leute kommt.
Und wann kam jetzt der Traum von Hollywood?
Durchs Schreiben. Ich war 22, da habe ich einen Aufsatzwettbewerb gewonnen. Der Preis war ein Praktikum am Set, bei dem Regisseur Richard Attenborough.
Welcher Film?
Es war „In Love and War“, über Hemingway im Ersten Weltkrieg. Es war mein erstes Mal auf einem Filmset, es war das erste Mal, dass ich mit Leuten vom Film zu tun hatte; und als ich das perfekt gebaute Set sah, entworfen von Stuart Craig, dem großen Szenenbildner, der auch schon den „Elefantenmenschen“ und „Gefährliche Liebschaften“ ausgestattet hatte; und alles war so perfekt ausgeleuchtet, von Roger Pratt, dem Kameramann von „Brazil“; als ich da hereinkam, habe ich mir gesagt: Okay, gut. Ich gehe jetzt also zum Film, und ich werde nie einen niedrigeren Standard akzeptieren als den hier.
Aha.
Es gibt doch einen Vogel, der schlüpft aus dem Ei – und was er dann als Erstes sieht, hält er für seine Mutter. Ich glaube, so ähnlich ist es mir da gegangen. Diese Vorstellung, dass man seine Vorstellungen so perfekt verwirklichen, seine Ästhetik so grandios ausleben kann: Das hat mich so gereizt.
Wobei es kaum etwas Langweiligeres als Dreharbeiten gibt.