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„Godzilla vs. Kong“ im Kino : Abrissunternehmer und Affe am Abgrund

Schiffeversenken war früher auch gemütlicher: Godzilla (links) und King Kong unterhalten sich beim Spiel angeregt über die Vor- und Nachteile von Fell und Schuppen. Bild: AP

Kolossaler Spaß: In „Godzilla vs. Kong“ lässt das Kino titanische Muskeln spielen und kämpft dabei zugleich um seine nackte Existenz – der Film war in den USA der erste echte Blockbuster seit Beginn der Pandemie, jetzt kommt er in deutsche Kinos.

          5 Min.

          Godzilla ist groß. Doch er vergibt nicht. Vor allem aber ist er: laut. In Adam Wingards „Godzilla vs. Kong“ ist Größe etwas, das man mit den Ohren wahrnimmt – und mit dem Bauch. Wenn die alte Panzerechse dem Publikum als Gottes achte Posaune ihre mutmaßlich weit mehr als tausend Liter Lungenvolumen entgegenbläst, schwingt nicht nur das Trommelfell. Da sitzen plötzlich selbst solche Kollegen kerzengerade, die sich zuvor noch betont lässig in den zurückgewonnenen Kinosessel gefläzt hatten. Denn mit Godzilla brüllt und bebt das Kino. Nur dort sollte man sich diesen Titanenkampf ansehen, wie überhaupt jeden Film, in dem Großes geschieht. So viel merkt man nach anderthalb Jahren Abstinenz: dass noch der größte Flachbildschirm und die beste Heimkino-Anlage angesichts dieser Dimensionen zu Daumenkinos werden. So wird „Godzilla vs. Kong“ zu einer Art Avatar des Kinos, das sich noch einmal kapital aufbäumt, dagegen anbrüllt, dass findige Kaufleute längst sein Territorium vermessen haben, um seine Essenz in stetig schrumpfende Flimmerparzellen aufzuspalten, sie über lange Zeiträume zu verdünnen – damit jeder nur noch das sieht, was ihm gefällt, und nicht allzu sehr erschüttert wird.

          Axel Weidemann
          Redakteur im Feuilleton.

          Godzilla, so wie er im Jahr 1954 in Japan als „Gojira“ an Land ging – angekündigt durch eine tsunamiartige Welle, die seinen Beruf als personifizierte Naturgewalt in Filmen bis heute unterstreicht –, war damals nicht nur radioaktiv, sondern politisch aufgeladen. Nachdem der „Bravo Shot“, ein amerikanischer Bombentest auf dem Rongelap-Atoll, die Thunfischbestände verseuchte („Genshin Maguro“) und die Besatzung des Fischerbootes „Glücksdrache Nummer Fünf“ einer tödliche Strahlendosis aussetzte, erwachte Gojira im Kino, um die Menschen daran zu erinnern, die Finger von solchen Dingen zu lassen, deren Konsequenzen sie nicht antizipieren können. Konsequenzen, deren horrende Folgen in Japan mit dem Tod der letzten verbliebenen Opfer zweier Atombomben erst langsam wieder verblassen. In einem späteren japanischen Film der Reihe wird die Echse gar durch die rachsüchtigen Geister jener heraufbeschworen, die im Zweiten Weltkrieg im Pazifik ihr Leben ließen – um Japan dafür zu bestrafen, dass es daran „teilgenommen“ hat.

          Im „MonsterVerse“-Franchise von Legendary Entertainment (koproduziert von Warner Bros.), das 2014 mit dem neuaufgelegten „Godzilla“ von Gareth Edwards begann, bleibt davon neben einer gewissen Formstrenge allein jene Gaia-Logik, nach der Mutti Natur ihr Fernsehverbot immer dann vermittels titanischer Kräfte durchsetzt. Allerdings haben bereits die drei Vorgängerfilme der Remake-Reihe gezeigt, dass auch die Götterechsen, -affen, -vögel, -heuschrecken und -motten sich untereinander nicht grün sind. Da muss erst einmal geklärt werden, wer zuletzt und damit am besten brüllt.

          Zerstören, um zu bewahren

          Man dachte, das hätte Michael Doughertys „Godzilla: King of the Monsters“, in dem der Eidechsenkönig den dreiköpfigen und hoheitlichen Flattermann King Ghidorah mithilfe der Mondmotte Mothra grillt, hinreichend geregelt. Weit gefehlt. Nun soll es der große (und behaarte) Freund der weißen Frau, König Kong, richten. Außerdem kennt dessen „genetisches Gedächtnis“ offenbar den Weg zu einer hochpotenten Energiequelle im Mittelpunkt der Erde. Damit ist nicht ein von flüssigem Gestein umschlossener Metallkern gemeint, sondern ein mystischer Ort in der Hohlerde, auf deren löchriges theoretisches Fundament sich die gesamte Filmreihe stützt. Was zwar schon angesichts der ganzen realen Flache-Erde-Verschwörungsspinner, die es heute gibt, didaktisch fragwürdig, ob der Ernsthaftigkeit, mit der die Filme Edmond Halleys Hohlerde-Hokuspokus mit der Idee einer atlantischen Proto-Zivilisation verbinden, jedoch schon wieder rührend ist. Die Reise zum Mittelpunkt der Erde wird von einem in bester Bondbösewichtmanier inszenierten, energiehungrigen Tech-Konzern gesponsert, der sich verräterisch „Apex Cybernetics“ nennt. Dessen CEO Walter Simmons (Demián Bichir) heuert den Hohlerde-Forscher Dr. Nathan Lind (Alexander Skarsgård), King Kongs eigene Jane Goodall, Dr. Ilene Andrews (Rebecca Hall), und deren gehörlose Adoptivtocher Jia (auch ohne Worte ausdrucksstark: Kaylee Hottle) an, um den Riesenaffen unter Tage zu schaffen.

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