Fernsehwoche, 14. - 20. Mai : Zucht und Ordnung im ZDF
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Marie Bäumer und André Hennicke in „Der alte Affe Angst” Bild: BR/Marco Meenen
Das ZDF prüft nach: Halten Schüler von heute dem Drill der fünfziger Jahre statt? Außerdem in der Fernsehwoche: ein neues „Blind Date“ von Engelke und Dittrich sowie das Beziehungsdrama „Der alte Affe Angst“.
Das ZDF prüft nach: Halten Schüler von heute dem Drill der fünfziger Jahre statt? Außerdem in der Fernsehwoche: ein neues „Blind Date“ von Engelke und Dittrich sowie das Beziehungsdrama „Der alte Affe Angst“.
Samstag, 14. Mai
3sat, Theater, 20.15 Uhr: Don Carlos, Infant von Spanien
Schillers Sprache, die dem Gegenwartstheater viel peinlicher ist, als es ihm dessen Plots und Stories sind, und die es gerne zerschlägt und unterschlägt oder besinnungslos starr auf höchstem Sockel verhungern läßt, treibt hier geschmeidig und klar und voller Puls und Fieber eine Geschichte voran, in der jede Silbe nur unter Aufsicht sich vollzieht: Andrea Breths Inszenierung am Wiener Burgtheater, uraufgeführt im Mai vergangenen Jahres, war ein grandioses Machtliebesspiel und wirkte, als erlebte das alte Stück von 1787 jetzt erst seine Premiere. 3sat zeigt eine Fernsehadaption der Brethschen Inszenierung vom Februar dieses Schiller-Jahres.
Sonntag, 15. Mai
ARD, Drama, 23.20 Uhr: Engel in Amerika (3)
In Amerika war das sechsteilige Drama das Fernsehereignis des Jahres 2003. Schon die Besetzung hat Hollywoodformat: Neben Emma Thompson, die als höchst wandelbarer Engel, Krankenschwester und verstörte Obdachlose zu sehen ist, spielen Al Pacino, Meryl Streep, Mary-Louise Parker, Ben Shenkman, Jeffrey Wright, Patrick Wilson und Justin Kirk: eine wahre Traumbesetzung, wie sie selbst dem Regisseur Mike Nichols nicht für jeden Film geboten wird. Vom Broadway hatte das Stück die Bühnen der Welt erobert und seinen endlos preisgekrönten Autor Tony Kushner in die vorderste Reihe amerikanischer Dramatiker befördert. So geschehen 1993, als die Aidskrise für immer wildere Schlagzeilen sorgte. Kushner hatte die Geschicke der Nation mit denen seiner Bühnenfiguren verwoben.
Um Prior Walter, der eines Tages die ersten Stigmata des Karposisarkoms seinem Lebensgefährten Louis zeigen muß, brechen in episodischen Einblicken, die immer weitere Kreise ziehen, die Wunden Amerikas auf. Rhythmische Schwächen werden von einem überbordenden Energiestrom zwischen Witz und Pathos, derbem Trotz und poetischer Einfühlung aufgefangen. Die ARD zeigt an diesem Sonntag Teil 3 und anschließend Teil 4 der Serie, die am Freitag begonnen hat; Teil 5 und 6 folgen am Montag von 22.45 Uhr an.
Montag, 16. Mai
Arte, Tragikomödie, 20.45 Uhr: Der Mann ohne Vergangenheit
Manchmal, ganz selten, kann das Kino sogar eine Welt erwecken. In den Filmen des finnischen Regisseurs Aki Kaurismäki ist es eine Welt der Armut, des Mitleids und der reinen Liebe, die dem wirklichen Finnland zwar ähnlich sieht, ihm aber das Element des Zauberhaften voraushat. „Der Mann ohne Vergangenheit“ beginnt damit, daß der Held (Markku Peltola), eben in Helsinki angekommen, von Banditen fast zu Tode geprügelt wird. Er überlebt, verliert aber sein Gedächtnis. Ein Bewohner des Hafenslums gibt ihm Essen und Obdach, er gerät an die Heilsarmee und an Irma (Kati Outinen), mit der er ein Liebesverhältnis beginnt, er wird Zeuge eines Banküberfalls und ein Vertrauter des Bankräubers und erfährt schließlich mit Hilfe eines Zeitungsfotos seinen Namen und seine Identität. Das alles hat Kaurismäki nicht inszeniert, er hat es mit der Kamera gemalt. Denn seine Helden sind Heilige, sie sind das, was in unseren Tagen vom heiligen Wesen übrig ist, und deshalb sieht ihr Schicksal auch nur an der Oberfläche wie eine Filmstory aus. In Wahrheit bringt Kaurismäki etwas auf die Leinwand, was es seit Bresson und Pasolini nicht mehr im Kino gegeben hat: die Passionsgeschichte als Melodram.