Furcht und Schrecken im deutschen Film
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Als ob eine Filmrolle der Hauptgewinn wäre. Til Schweiger beim Dreh für die Castingshow „Mission Hollywood“. In der Bildmitte die Kandidatin Annika Ernst Bild: RTL
Der Fall Til Schweiger wirft die Frage auf, ob in der deutschen Filmbranche nur Furcht und Schrecken herrschen. Sicher ist, dass zu knappe Budgets, zu enge Drehpläne die Stimmung drücken, die Manieren verderben.
Es herrscht viel Angst an deutschen Filmdrehorten – und wer nach starken Indizien, schwer widerlegbaren Beweisen dafür sucht, braucht keine großen Recherchen zu betreiben. Er muss sich nicht auf ein Filmset schleichen, wo der Regisseur die Crew schikaniert und der Produzent, ganz old school, herumbrüllt, er wolle „mehr Brüste sehen!“. Er muss nicht eine Konferenz von Fernsehredakteuren belauschen, wo das Budget zusammengestrichen und das Drehbuch nach den üblichen Redundanzvorgaben redigiert wird, bis von der ursprünglichen Idee nur jener kümmerliche Rest geblieben ist, der dann um Viertel nach acht dem Publikum den letzten Gedanken aus dem Kopf herauslangweilt. Er muss noch nicht einmal die Alkoholproben Til Schweigers aus den Laboren klauen.
Es reicht völlig aus, wenn er ein paar Leute aus der Branche, Schauspieler und Regisseurinnen, Crewmitglieder und Produzentinnen trifft oder anruft und nachfragt, wie denn allgemein so die Stimmung sei. Er wird böse, verstörende und empörende Geschichten erfahren: von jenem Schauspieler zum Beispiel, der vor Jahren einmal einen Beschwerdebrief an den Intendanten einer Fernsehanstalt schrieb, darauf eine freundliche Antwort erhielt, vom Intendanten selbst, der ausdrücklich das Engagement des Schauspielers lobte. Der bekam dann aber zehn Jahre lang keine Rolle bei Produktionen dieser Anstalt – obwohl es, wie hymnische Kritiken und viele Preise belegen, am Können, an der Kunst dieses Schauspielers nichts auszusetzen gibt.
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