Science-Fiction bei Amazon : People in the sky?
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Eine junge Telefonistin und ein Radio-DJ entdecken eine seltsame Tonfrequenz, die nicht nur ihre Kleinstadt für immer verändern könnte: Szene aus „The Vast of Night“. Bild: Amazon
Amerika, die fünfziger Jahre und ein Rauschen vom Himmel: Der Science-Fiction-Film „Die Weite der Nacht“ hatte sich 2019 auf ein paar Filmfestivals herumgesprochen, es aber nie ins Kino geschafft. Jetzt ist er bei Amazon zu sehen.
In einer typischen amerikanischen Kleinstadt in den fünfziger Jahren waren die potentiellen Bedrohungen klar geordnet. Erstens: die Sowjets. Das einzige Szenario, das darüber hinausging, waren dann schon die fliegenden Untertassen. Oder die „people in the sky“, wie es in dem Science-Fiction-Film „Die Weite der Nacht“ anfangs noch vage heißt. Er spielt in dem fiktiven Städtchen Chayuga in New Mexico, die Grenze nach Süden ist nicht weit entfernt, und wenn der Feind im Kalten Krieg tatsächlich Amerika überfallen wollte, dann wäre das hier ein plausibler Frontverlauf. Das meint jedenfalls Everett „The Maverick“ Sloan, der Discjockey der lokalen Radiostation. Er stößt dann aber auf ein Phänomen, das ihn den Blick eher nach oben richten lässt, in den Nachthimmel. Ein sinistres Übertragungsgeräusch ist der erste Hinweis, dass in Chayuga etwas Merkwürdiges vor sich geht. Ein atmosphärisches Knistern oder doch ein bisschen mehr als das, ein Rauschen am Rande der Bedeutung.
Es ist nicht ganz unwichtig, dass das Fernsehen in dieser Zeit auch aus dem Rauschen kam. Wenn gerade nicht gesendet wurde, und das kam damals tatsächlich vor, dann war auf dem Schirm dieses Gewimmel von Punkten zu sehen. Es stand für den Nebel, der die Information entließ, eine Art Sinnbild für den Urknall der technischen Medien, aus dem heraus sich die Welt nun ständig verdoppelte. Es ist ein Bild, das seither unverständlich geworden ist, denn die Daten von heute haben keinen Ursprung mehr, es gibt nur noch nominell Sendezentralen. Wir starren zwar weiter auf Bildschirme, aber wir starren nicht mehr in sie hinein, als wäre da ein Kanal zu der wirklicheren Wirklichkeit.
Als „Die Weite der Nacht“ („The Vast of Night“) Anfang 2019 auf dem Slamdance Festival (dem besseren Sundance) Premiere hatte, da handelte es sich zuerst einmal um nicht viel mehr als einen kleinen Science-Fiction-Film, an dem vielen Menschen sofort auffiel, dass sich hier ein ausgeprägt medienhistorisches Interesse mit einem klugen Sinn für amerikanische Mythologien verband. Er lief danach auf zahlreichen weiteren Festivals, und sprach sich so ein bisschen herum, zu einer Kinoauswertung kam es aber nirgends. Es war offensichtlich ein Grenzfall, früher hätte man gesagt: „straight to video“, aber mit dieser Rubrik geht ein schlechter Beigeschmack einher. Denn um Schund, auch um ironisch affirmierten, handelt es sich ganz und gar nicht. Auf Amazon trifft „The Vast of Night“ (Regie: Andrew Patterson, Drehbuch: der Regisseur, unter dem Pseudonym James Montague, und Craig W. Sanger) nun auf ein potentiell weltweites Publikum. Nicht im strengen Sinn ein Fall von „straight to streaming“, denn es dauerte ein Weilchen, bis es zu dieser Vereinbarung kam, aber doch eindeutig ein Fall von Kinoauswertung in einer neuen Form.