Berlinale-Regisseure im Gespräch : Man muss sie an den Haaren ins Kino ziehen
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Warten auf den großen Auftritt: Rosa von Praunheim (l.), Doris Dörrie und Luigi Falorni Bild: F.A.Z. - Foto Christian Thiel
Doris Dörrie, Luigi Falorni und Rosa von Praunheim: Drei Filmemacher, die alle einen Film auf der Berlinale zeigen, reden über das deutsche Kino - und rätseln gemeinsam darüber, was für eine Generation da gerade an den Filmhochschulen heranwächst.
Doris Dörrie, Luigi Falorni und Rosa von Praunheim: Drei Filmemacher, die alle einen Film auf der Berlinale zeigen, reden über das deutsche Kino - und rätseln gemeinsam darüber, was für eine Generation das ist, die an den Filmhochschulen heranwächst.
Frau Dörrie, wie inszeniert es sich, wenn man die Sprache der Schauspieler selbst nicht versteht?
Doris Dörrie: Das ist eine Frage, die hat wenig mit dem wirklichen Filmemachen zu tun, denn das ist eigentlich immer etwas, was sich auch außerhalb von Sprache abspielt, wie man mit dem Schauspieler wirklich zurechtkommt, auf welcher Ebene dann wirkliche Kommunikation stattfindet. Diesmal hatte ich eine interessante Erfahrung, weil ich sehr viele Jobs gleichzeitig gemacht habe, eben auch Maske. Und als Maskenbildnerin hat man doch eine ganz andere Art von Aufregung und Beziehung, wenn man morgens so dicht an jemandem rumfummeln muss.
Rosa von Praunheim: Ist ja auch erotisch, nicht?
Doris Dörrie: Durchaus, aber auch sehr gefährlich, denn wenn man da kalte Finger hat oder etwas unangenehm physisch ist, dann ist der Tag unter Umständen schon gelaufen für den Schauspieler. Dieses ständige Rumzupfen ist ja auch etwas, was Schauspieler, je länger sie im Geschäft sind, umso weniger vertragen. Aber da war eigentlich schon immer so ein Boden bereitet für den ganzen Tag. Und für mich ist das ideale Inszenieren eigentlich etwas, was nicht mehr viel mit Sprache zu tun hat, wo man nicht stundenlang diskutieren muss und Sätze auseinandernehmen und dramaturgische Bögen erklären. Wenn es dann läuft, ein tiefes Einverständnis und ein großes Vertrauen gibt zwischen Regie und Schauspieler, das ist dann wirklich das Größte.
Rosa von Praunheim: Als ich nach Lettland in meine Geburtsstadt kam, um einen Film über meine Mutter zu machen, hatte ich sehr große Vorurteile, weil in Lettland wie in vielen Ländern im Osten ein großer Schwulenhass herrscht: In Riga war die Schwulendemonstration verboten worden, und die Kirche hat sich mit den Rechtsradikalen zusammengetan gegen Schwule. Und da gab es eine ganze Reihe von Dingen, die mir erst mal unangenehm waren, bis man dann dahin kommt, einfach die Schönheit der Menschen zu entdecken, die mir am Anfang noch fremd und verschlossen waren. Als Filmemacher kannst du das dann manchmal ein bisschen besser durchbrechen, als wenn du nur ein Tourist bist. Du kommst dann näher ran und kämpfst mehr um Dinge.
Das klingt fast, als wäre im Ausland das Leben filmischer als in Deutschland.
Doris Dörrie: Ja, das kennt jeder von uns. Der Blick wird natürlich immer schärfer, wenn die Umgebung nicht vertraut ist. Im Gegenteil muss man sich bemühen, zu Hause auch diesen scharfen Blick zu haben und den Dingen die Gelegenheit zu geben, sich zu zeigen. Das ist in einem nicht vertrauten Umfeld immer viel einfacher.
Luigi Falorni: Als Italiener in Deutschland bin ich hier sowieso entwurzelt. Außerdem komme ich vom Dokumentarischen her, und da ist eine gewisse Neugier für das Fremde mit eingebaut. Meine Erfahrung war, wenn man die Sprache nicht versteht, dass man sich plötzlich auf andere Dinge einlässt, indem man dem Ausdruck folgt, wie ein Mensch rüberkommt, wie die Sprache klingt.