Anke Engelke : Jungs, ihr seid dümmer
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Bekannte Pose, neuer Gastgeber Bild: dpa/dpaweb
Die Standup-Comedy, mit der sie in Schmidt-Manier ihre Show eröffnen mußte, war ein einziger Krampf. Ein Ersatz für Harald Schmidt ist Anke Engelke nicht; gut war ihre erste Late-Night-Show trotzdem.
Daß über Anke Engelke und ihre neue Late-Night-Show bei Sat.1 schon alles gesagt sei, nur noch nicht von allen, das ist wohl richtig.
Man müßte als deutschsprachiger Fernsehzuschauer schon auf dem Mars leben, um der Nachricht entgangen zu sein, daß es für den neuen Geschäftsführer von Sat.1, Roger Schawinski, nur eine geben konnte, die Nachfolge von Harald Schmidt anzutreten - Anke Engelke. Und daß viele seither und vor der ersten Sendung schon wußten, daß es mit dieser Nachfolge nichts werden konnte, konnte ebenfalls niemandem verborgen bleiben, der sich auch nur ein bißchen für die Sache interessiert. Zudem wurde die Talkmasterin in spe, die bereits bis dato zu den bekanntesten Figuren der Branche gehört haben dürfte, vorgestellt, als handele es sich um eine große Unbekannte Marke Horst Köhler oder Gesine Schwan.
Rudi Carrell hat mit Olli Dittrich um zehntausend Euro gewettet, daß die Show nichts wird, der Sat.1-Chef Schawinski hat noch einmal zwanzigtausend Euro draufgesetzt. Und wir alle wissen um den Druck, den wir alle erzeugen, der zum Trommlergeschäft gehört und zugleich mit gespielter Nonchalance gleich wieder kleingeredet werden kann, nach dem Motto: bloß keine zu große Erwartungshaltung aufbauen.
Trotzdem eine gute Show
Doch siehe da - es ist trotzdem eine gute Show geworden. Es ist kein "Ersatz" für Harald Schmidt, den seine Jünger weiter schmerzlich missen werden, doch es ist endlich wenigstens eine Alternative im Spätabendfernsehen, in dem wir es sonst um diese Zeit mit den Kollegen Beckmann, Maischberger und Kerner zu tun haben. Die haben die Konkurrenz durchaus zu fürchten: 2,46 Millionen Zuschauer sahen "Anke Late Night" im Schnitt, das ist ein Auftakt nach Maß, nicht mehr, aber auch nicht weniger. Reinhold Beckmann mußte sich an diesem Abend im Ersten mit 1,31 Millionen Zusehern zufriedengeben. "Der Druck", sagte der Sat.1-Chef Schawinski, "war riesig, die Erwartungen waren gigantisch und kaum erfüllbar, aber Anke hat auch dies geschafft. Wir sind glücklich über die großartige Premiere ihrere Show."
Schawinski hat Grund, sich zu freuen, gerade mit Blick auf die vermaledeite "werberelevante Zielgruppe" hat Anke Engelke die Mengenerwartungen erfüllt, 1,61 Millionen Zuschauer im Alter zwischen vierzehn und neunundvierzig Jahren bescherten ihr hier einen Markanteil von 27,8 Prozent. Wer zwanzig Prozent reißt, heißt es für gewöhnlich, der hat es geschafft. So rechnen die Sender und die Werbekunden, doch sagt das selbstverständlich noch gar nichts über die Sendung.
Riesiger Aufwand
Der Aufwand für diese war riesig, der Auftakt bescheiden. Wer sich Sting, Bastian Pastewka, Stefan Raab und Max Mutzke in die Sendung holt, setzt nicht nur auf Nummer sicher, sondern brennt ein Gäste-Feuerwerk ab, von dem andere Wochen leben. Ein internationaler Superstar, ein landesweit populärer Komödiant, der gerade seinen neuen Kinofilm "Der Wixxer" vorstellt, und die Sangesbrüder vom Schwestersender Pro Sieben, da kann man gar nicht mehr viel falsch machen. Und das tat Anke Engelke bei ihren Gesprächen auch nicht, sie ist sogar auf englisch witzig und muß nicht beweisen, daß sie mit den Leuten klarkommt.
Die Standup-Comedy aber, mit der sie in Schmidt-Manier ihre Show eröffnen mußte, war ein einziger Krampf. Die Besucher der Generalprobe haben schon beschrieben, daß ihr diese Art des Auftritts nicht gerade liegt, und das ist noch untertrieben. Der böse, polemische, politische Witz, der auf einem geschriebenen Gag beruht, wirkt halt erst dann, wenn er wie aus dem Stegreif wirkt, besser noch aus dem Stegreif für den Lacher danach verändert wird.