Interview : Architekt Hans Hollein: „Die Botschaft ist Konsulat und Residenz"
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Der Österreichische Architekt Hans Hollein Bild: dpa
Eine Botschaft sollte die Atmosphäre eines Landes transportieren, meint Hans Hollein. Er baute die Österreichische Botschaft in Berlin.
Am 5. Juli 2001 wurde der jüngste unter den Botschaftsbauten in Berlin eröffnet, die Österreichische Vertretung. Der Architekt Hans Hollein hat sie konzipiert und gebaut, nachdem er den EU-weiten Wettbewerb mit 201 Einsendungen gewonnen hatte.
Für Hollein ist dies nicht die erste Botschaft seines Lebens. Seinem Heimatland Österreich baute er schon einmal einen Sitz in Vaduz, Liechtenstein, der im vergangenen Jahr eingeweiht wurde. In Deutschland wurde der gebürtige Wiener, Jahrgang 1934, durch seine spektakulären Museumsbauten am Abteiberg in Mönchengladbach und in Frankfurt bekannt. Hollein hat am Illinois Institute of Technologie in Chicago und an der University of California in Berkeley Architektur studierte. FAZ.NET sprach mit ihm über seinen Berliner Wurf.
Herr Hollein, Ihre Botschaft ist auf einem interessanten Eckgrundstück an der Ecke Staufenberg- / Tiergartenstraße eröffnet worden. Beschreiben Sie einmal das Konzept.
Die Botschaft ist gleichzeitig Konsulat und Residenz, also hat sie mindestens drei unterschiedliche Aufgaben. Mein Bauwerk ist in etwa auch dreigeteilt. Als Gelenkstück dient vorn an der Einmündung der Staufenbergstraße in die Tiergartenstraße ein geschwungener Baukörper. Dort wird repräsentiert und auch gefeiert. An der Staufenbergstraße liegen die Konsurlarabteilung und der Kanzleiflügel, im rückwärtigen Teil ist dann die Residenz untergebracht.
Dass man hier direkt am Tiergarten auch die Residenz baut, ist ja eigentlich eine Ausnahme, weil man damit viel teuren Stadtgrund benötigt...
Trotzdem sind wir nicht sehr groß geraten, die alten Botschaften von Italien und Japan in der Nähe sind viel mächtiger, sogar unser direkter Nachbar, die Vertretung des Bundeslandes Baden-Württemberg, ist weitaus größer.
Was haben Sie sich nun architektonisch ausgedacht?
Zunächst einmal ist es sicher ein Hollein-Bau. Es ging darum, die Eckposition zu artikulieren: mit dem geometrischen Schwung und eben der auffälligen Kupferhaut. Auf der einen Seite habe ich dann die übliche strenge Blockverbauung der Staufenbergstraße fortgesetzt, andererseits antworte ich auf die Solitärstruktur der westlich anschließenden Tiergartenstraße mit den Botschaften für Indien und demnächst auch für Südafrika.
Und ich beziehe mich auf die Berliner Situation im östlichen Anschluss, wo ja in Einzelbauweise heute die klassizistische Stüler-Kirche oder die streng rechtwinklige Neue Nationalgalerie von Mies van der Rohe auf die freie expressionistische Geometrie eines Hans Scharoun an der Nationalbibliothek und der Philharmonie treffen. Die österreichische Botschaft will auch an diese Dialektik erinnern.
Nun kommt Ihnen also das Wissen zu Gute, das Sie sich schon in den 80er Jahren erarbeitet haben, als sie einen Vorschlag für ein Internationales Kulturforum machten...
Ich bin nicht ganz so weit nach Westen vorgedrungen wie heute, es handelte sich ja um den Platz zwischen Philharmonie und Nationalgalerie. Aber es stimmt schon, ich baue gern in Berlin. Leider wurde mein schöner Vorschlag nicht realisiert, aber es ist an jener Stelle auch kein anderes Projekt verwirklicht worden.
Warum ist es denn immer noch eine interessante und zeitgemäße Aufgabe, eine Botschaft zu bauen, wenn wir globalisiert und über Internet jederzeit verbunden sind?
Die Frage wird ja immer wieder gestellt, schon bei der Grundsteinlegung. Es gibt einige Städte, da muss ein Staat präsent sein. Berlin ist wie Washington, Paris oder London ein Ort, wo das wichtig ist - und es hat sich in der Entwicklung der internationalen Beziehungen zwischen Österreich und anderen Ländern gezeigt, dass ein Gebäude eine wichtige Rolle spielen kann, dass es einen Ort der Begegnung gibt, und dass dieser Ort natürlich als architektonisches Werk die Atmosphäre des zu vertretenden Landes ausstrahlen soll.