Hyäne Fischer für Österreich : Wieviel Subversion verträgt der ESC?
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Occupy Lodenmantel: Sie sieht aus wie das Postergirl der nostalgischen Rechten, doch der Schein trügt. Bild: Screenshot Youtube / Hyäne Fischer
In Österreich meldet sich eine Kandidatin für den Eurovision Song Contest, die vorher niemand kannte. Es liegt nahe, dass es sich um ein Satireprojekt handelt.
Österreich hat es wirklich nicht leicht. Die Pressefreiheit unter Druck, die Regierung auf dem Weg nach ganz weit Rechtsaußen und die Burschenschaften abwechselnd am Tanzen und am Pöstchen schachern – so lässt sich kein Staat machen, wohl aber eine alpine Operettenrepublik mit ganz viel Sehnsucht nach vorgestern.
Diese Republik soll nun, geht es nach der Wiener Burschenschaftssatire-Burschenschaft „Hysteria“, die ausschließlich aus Damen besteht, den Song-Contest-Beitrag bekommen, den sie verdient. Hysteria streitet zwar auf ihrer Facebookseite jede Verbindung zur „Glitzerwelt des Showbusiness“ ab, aber ernst nehmen kann man das wohl nicht. „Hyäne Fischer“ nennt sich das Projekt, benannt einerseits nach dem bekannten Schlagerpop-Phänomen, andererseits nach dem Wappentier der „Hysteria“. Das Logo ist in schönster Schaftstiefelgrotesk gehalten, denn im Gegensatz zu den meisten Neonazis ist Hyäne Fischer auch typografisch so sattelfest, eine gebrochene Grotesk mit Zierversalie zu verwenden, damit es so richtig schön nach „Tausendjährigem Reich“ aussieht.
Subversion durch Imitation
„Im Rausch der Zeit“ heißt das Werk, das sich musikalisch irgendwo zwischen dem Wiener Musikprojekt „Gustav“ und Eurotrash bewegt und im Text alles aufruft, was jemals von Luis Trenker verfilmt wurde: „Siehst du den Nebel in den Bergen stehn? Spürst du den Sturm? Er wird wieder vergehn. Hörst du den Wind? Er singt ein altes Lied“, und so geht das weiter mit Flammen im ewigen Eis und Glut und einem goldenen Kreis und dann Hand in Hand durchs Land und so weiter.
Die gewollt schwiemelige Metaphorik gehört zum Gesamtkonzept, denn auch optisch tümelt es im dazugehörigen Video ganz gehörig. Vier Damen hüpfen lodengrün durch den Wald wie weiland die junge Eva Braun über den Obersalzberg, räkeln sich in der holzgetäfelten Stube der „Villa Daheim“ am Semmering, wo der Film offenbar gedreht wurde, und strecken ihre Volkskörper Licht und Luft entgegen. Alles riecht nach Heimat, Tradition und Kameradschaft. Und man kann sich überlegen, zu was diese Damen da „im Rausch der Zeit“ „bereit“ sind. Mit etwas Glück ist das „Goldene Matriarchat“ gemeint, das sich die Hysteria auf die Fahne geschrieben hat. Aber alles spielt mit der Doppeldeutigkeit, dass man in der Zeit des Nationalsozialismus bereit war, sich für ganz andere Dinge im Dienste des Volkes zu opfern.
Der Verdacht, dass es sich um ein Hysteria-Projekt handelt, liegt nicht nur nahe, weil bekannte Mitglieder wie die Autorin Stefanie Sargnagel Hyäne Fischer öffentlich unterstützen. Auch die Form der Subversion durch Imitation in Duktus und Ästhetik ist die gleiche. Egal, wie weit nach rechts die Regierung noch abdriften will, Hyäne Fischer überholt sie kalt lächelnd. Eine politische Botschaft ist nirgends auszumachen. Es gibt keinen Bruch, kein Erwachen aus dem Albtraum, kein „es ist ja nicht so gemeint“, und tut genau deshalb so weh.
Beim ORF-Jugendsender FM4 läuft das Stück schon. Die Kollegen aus dem Haupthaus, die für die Auswahl des Kandidaten zuständig sind, haben dagegen noch nie von Hyäne Fischer gehört. Dennoch haben sie „schon die Lauscher offen und durchforsten (…) die heimische Newcomer-Szene“, so konnte man in der österreichischen Gratis-Tageszeitung „Heute“ lesen, die sich der Causa Fischer annahm. Im Dezember erst soll verlautbart werden, wer Österreich in Tel Aviv vertreten wird.