Glosse Feuilleton : Die Wunderwelten des Saul Bass
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Wenn das Kino selbst träumen könnte, dann sähen diese Träume womöglich so aus wie die Filme von Saul Bass. Dabei hat Bass - mit Ausnahme des Ameisen-Science-fiction-Films "Phase IV" - gar keine Filme im eigentlichen Sinn gedreht; ...
Wenn das Kino selbst träumen könnte, dann sähen diese Träume womöglich so aus wie die Filme von Saul Bass. Dabei hat Bass - mit Ausnahme des Ameisen-Science-fiction-Films "Phase IV" - gar keine Filme im eigentlichen Sinn gedreht; er war nur für ein paar der schönsten Vorspänne der Filmgeschichte verantwortlich. Wenn man will, kann man die aber als eigene Kurzexperimentaltrickfilme sehen, die wie unter einem Brennglas schon mal zum Glühen bringen, was die Filme hinterher an schönem Schein verbreiten. Die schwindelerregenden Spiralen vor "Vertigo" sind von ihm, die epileptischen Gesten vor dem "Mann mit dem goldenen Arm", die messerscharfen Linien vor "Psycho", die explodierenden Neon-Reklamen vor "Casino", die blumige Kalligraphie vor "Zeit der Unschuld" oder das schleichende Katzenduell vor "Walk on the Wild Side". Was die Filme ausmachte, hat er mit seinem Design auf kleinstem Raum einzufangen versucht. Er hat Markenzeichen für Filme entworfen, ehe Hollywood dazu überging, Markenzeichen zu entwerfen, denen Filme hinterhergedreht werden. Im Grunde ist er also schuld an dem ganzen Elend des Corporate Design im Kino.
In England gibt es die halbstündige Dokumentation "Bass on titles" auf DVD, die aber weniger Beispiele enthält, als man sich wünschen würde. Ehe man sich aber die gut fünfzig Filme kauft, deren Vorspann Bass gestaltet hat, kann man auch ganz einfach ins Internet gehen. Unter www.saulbass.tv hat der Webdesigner Brendan Dawes im Geiste des Meisters eine Seite gestaltet, auf der man vier bewegte Beispiele und viele Plakate sehen kann, und auf der ohnehin sehr lesenswerten Seite www.notcoming.com/saulbass kann man immerhin die Hälfte der Vorspänne Bild für Bild durchklicken und sich verführen lassen.
Man kann aber auch einfach die ganzen Bilder einzeln herunterladen und als Bildschirmschoner benutzen - dann sähe es so aus, als würde der eigene Computer vom Kino träumen. malt