Was lesen Sie?
Auch um meinen deutlichen Überhang in Richtung Sachbücher etwas zu übertünchen, fange ich mit einer Mischung aus biographischem Roman und philosophischem Essay an: Lea Ypis „Frei. Erwachsenwerden am Ende der Geschichte“. Sie erzählt darin die Geschichte ihrer Kindheit und Jugend im sozialistischen Albanien und der Wendezeit. Das Buch ist nicht nur eine kluge Reflexion über die vielschichtigen Neubestimmungen des sozialen und politischen Raums, die ein solcher Systemwandel mit sich bringt, sondern es macht auch einfach unglaublich Spaß. Es sind viele kleine Episoden darin, die in ihrer alltäglichen Leichtigkeit immer wieder sehr humorvoll sind und dabei doch ein komplexes Bild des real gelebten Sozialismus Albaniens und der Transformation der 90er Jahre zeichnen. Da gibt es zum Beispiel ein langes Rätseln des jungen Mädchens über den eigenartig fremden Geruch der westlichen Urlaubskinder, die im abgesperrten, aber doch in Geruchsweite befindlichen Teil des Strandes spielen. Zum Glück kann Oma Nini das dann aufklären. Es sei Sonnencreme, die da so seltsam riecht, sagt Nini und ergänzt: „Wir nehmen Olivenöl. Das ist gesünder.“
Ansonsten ist meine Lesezeit doch sehr durch Forschungslektüre und Recherche für meinen Podcast „Future Histories“ geprägt. Die Liste der Empfehlungen ist da wirklich lang. Wer Eva von Redeckers „Revolution für das Leben“ noch nicht gelesen hat, sollte das unbedingt tun. Ich bin erklärter Fan. Gerade habe ich mit großem Interesse „Community-Kapitalismus“ von Tine Haubner und Silke van Dyk fertig gelesen. Da steckt die Warnung drin, dass sich der Kapitalismus gerade anschickt, Gemeinschaft noch weiter als Ressource ausbeutbar zu machen. Das ist etwas, was alternative Zugänge des Wirtschaftens, die mich anhaltend beschäftigen, unbedingt im Blick haben müssen. Und nachdem die Frage nach zeitgenössischen Formen demokratischer Planwirtschaft eines meiner Lieblingsthemen darstellt, im Abgang noch einen großartigen Roman zum Thema Planwirtschaft (wenn auch in dem Fall nicht zeitgenössisch): „Red Plenty“ von Francis Spufford.
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