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„Risiko“, ein Vorabdruck (4) : Menschen können nicht mit Geld umgehen

  • -Aktualisiert am

Nicht jeder kann mit Geld umgehen Bild: dpa

Zinsen zum Grinsen: Sowohl Ältere als auch Jüngere können auf gerissene Tricks von Anlageberatern hereinfallen. Wer nicht aufpasst, wird seine Schulden nie mehr los.

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          Sie haben 3000 Euro Schulden. Sie zahlen einen Nominalzinssatz von 12 Prozent im Jahr. Jeden Monat zahlen Sie 30 Euro ab. Wann haben Sie die Schulden getilgt?

          In a) weniger als fünf Jahren (15 Prozent) (b) fünf bis zehn Jahren (31 Prozent) c) 11 bis 15 Jahren (18 Prozent) d) 16 bis 20 Jahren (10 Prozent) e) nie (26 Prozent)?

          Diese Frage stellten wir mehr als 1000 Deutschen, die 18 oder älter waren. Die Zahl in Klammern gibt an, wie viel Prozent von ihnen sich für die jeweilige Antwort entschieden haben. Fast die Hälfte glaubte, die Schulden würden in weniger als fünf oder zehn Jahren abgezahlt sein. Tatsächlich würde es den Schuldnern nach Unterzeichnung dieses gerissenen Vertrags nie gelingen, ihre Schulden loszuwerden.

          Eigentlich lässt sich das ziemlich leicht herausfinden. Die Bank nimmt 12 Prozent Zinsen auf die gesamte Schuldsumme, das sind jedes Jahr 360 Euro. Der Schuldner zahlt 30 Euro pro Monat, die addieren sich ebenfalls zu 360 Euro im Jahr. Beide Summen sind gleich, was heißt, dass der Schuldner nur die Zinsen zurückzahlt und nie in der Lage sein wird, mit der Abzahlung der Schuld zu beginnen. Nur ein Viertel der Deutschen begriff, dass sie ewig zahlen würden.

          Ein Fußballspiel braucht mehr Zeit

          Die Jungen waren ebenso ahnungslos wie die Alten; den einzigen Unterschied machte der Fernsehkonsum. Mit jeder Stunde, den die Befragten pro Tag vor dem Fernsehapparat verbrachten, sank die Wahrscheinlichkeit, dass sie die Antwort wussten.

          Bei Entscheidungen über Investitionen sind Bankkunden häufig völlig ahnungslos und vertrauen einfach ihren Anlageberatern. Nach einer Beratung, für die man sich weniger Zeit nimmt als für ein Fußballspiel, setzt manch einer sein Vermögen aufs Spiel. Viele der NINJAs (no income, no job, no assets - „kein Einkommen, keine Arbeit, kein Vermögen“), die in der Hypothekenkrise alles bis aufs letzte Hemd verloren, waren sich noch nicht einmal bewusst, dass ihre Zinssätze variabel und die anfänglich niedrigen Zinsen nur Köder waren. Möglicherweise hatten sie gemeint, ihre Raten seien fix wie bei Autokrediten. So waren sie eine leichte Beute für einige Banker, die sie beschwatzten, ein Darlehen für ein Haus aufzunehmen, das sie unmöglich zurückzahlen konnten.

          Doch wie wir gesehen haben, könnten nicht nur ganz normale Leute, sondern auch eine Menge Experten von mehr Finanzkompetenz profitieren. Erst wenn wir der nächsten Generation den intelligenten Umgang mit Geld vermitteln, können wir sie gegen so durchsichtige Ausbeutungsversuche wappnen. Warum unterrichten wir dann keine Finanzkompetenz in der Schule? Ein entsprechender Lehrplan ließe sich nach den gleichen Prinzipien organisieren wie derjenige für Gesundheitskompetenz. Der Unterricht könnte verschiedene Fähigkeiten und Themen rund ums Geld vermitteln: wie man sein Taschengeld einteilt, wie man mit Handyrechnungen und Schuldenfallen umgeht und welchen Wert Geld im Leben der Schüler und in anderen Kulturen hat.

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