Friedrich der Große : Ein Asket war er nicht
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Detail aus dme Bild „Flötenkonzert Friedrichs des Großen in Sanssouci” von Adolph Menzel, 1850 bis 1852 Bild: Archiv
Jetzt gibt es die Rechnungen aus der privaten Schatulle Friedrichs des Großen in digitaler Form. Sie zeigen den König als Kenner und Genießer. Im Vergleich mit anderen Höfen hielt sich sein Luxus jedoch in Grenzen.
Von Friedrich dem Großen ist der Satz überliefert, eine Regierung müsse sparsam sein, denn das Geld, das sie erhalte, stamme aus dem Blut und Schweiß ihres Volkes. Vor drei Generationen waren solche Weisheiten noch Schulstoff. Sie prägten das Bild des Königs als eines Mannes, der sich selbst nichts gönnte außer Musik, Philosophie und Krieg. Das „Königtum der Widersprüche“ (Theodor Schieder) war in diesem Punkt widerspruchsfrei: Preußen wurde groß, weil der Monarch seine Bedürfnisse klein hielt.
Auf den ersten Blick scheinen die Rechnungen aus der Privatschatulle des Königs, die die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten jetzt digitalisiert und auf der Webseite perspectivia.net veröffentlicht hat, diesem Idealbild hohnzusprechen. Friedrich hatte durchaus einen Hang zum Luxus, und er zögerte nicht, ihn zu befriedigen. Wenn er im April Kirschen essen wollte, gab er, wie im Jahr 1754, ohne weiteres hundertachtzig Taler dafür aus, während Soldatenwitwen und andere Arme mit ein paar Talern abgespeist wurden. Auch wenn seine Hunde „Medicin“, ein „douceur“ oder ein neues Körbchen brauchten, floss das Geld des Königs reichlich.
Aus vielen Fingerzeichen ein Porträt
Die Hofjuweliere Jordans verdienten Zehntausende von Talern mit vergoldeten und emaillierten Tabatièren, und der Potsdamer Konditor Döber machte ein kleines Vermögen mit Konfekt und Konfitüren für den preußischen Hof. Erkleckliche Summen flossen an Weinhändler und Organisatoren von Karnevalsfesten, und die Tänzerin Barbarina hatte ein gutes Auskommen mit den Dotationen, die sie aus Friedrichs Portepee empfing, während man bei den Zahlungen an Elisabeth Christine von Braunschweig-Bevern förmlich die unwillige Miene des Monarchen vor sich sieht, mit der er seinen Kammerherrn Fredersdorf die monatlichen „Weingelder“ - mal 210, mal 217 Taler - an die Königin in Schloss Schönhausen auszahlen lässt.
Andererseits war Friedrich der Große, allen sichtbaren und unsichtbaren („ein gewisser Mensch“ empfängt ohne Quittung einmal 24, ein anderes Mal 16 Taler) Lastern zum Trotz kein Verschwender. Mit dem Aufwand der Höfe in Paris, Dresden und St. Petersburg, die von Mätressen und Schranzen ausgesogen wurden, ist sein Wirtschaften kaum vergleichbar, und auch mancher Fürstbischof des Heiligen Römischen Reiches hat auf größerem Fuß gelebt als er.
Wenn aus der königlichen Schatulle in guten Jahren zweihunderttausend, in Friedrichs Todesjahr 1786 noch dreißigtausend Reichstaler flossen, ist das im Vergleich zu den europäischen Mächten, unter die sich Preußen nach dem Siebenjährigen Krieg einreihte, ein Klacks. Das Verdienst dieser Online-Edition liegt deshalb weniger in der Dekonstruktion des Mythos als in der genauen Abbildung der privaten Vorlieben des Königs, dessen dreihundertster Geburtstag im nächsten Jahr gefeiert wird. So entsteht allmählich, wie in einem Fahndungsbild, aus vielen Fingerzeigen ein Porträt.