Ellen Johnson Sirleaf und Leymah Gbowee : Eine wie Thatcher, eine wie Mahatma Gandhi
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Liberias Präsidentin Ellen Johnson Sirleaf: Eiserne Lady mit wirtschaftlichem Sachverstand Bild: AFP
Die beiden liberianischen Friedensnobelpreisträgerinnen haben nur ihr Engagement für die Rechte der Frauen gemein. In der Wahl ihrer Mittel sind sie gänzlich verschieden.
Die beiden liberianischen Friedensnobelpreisträgerinnen Ellen Johnson-Sirleaf und Leymah Roberta Gbowee könnten unterschiedlicher nicht sein: Die Präsidentin des Landes ist kämpferisch und nicht immer zimperlich in der Wahl ihrer Methoden. Die Frauenrechtlerin ist ruhig und auf Ausgleich bedacht, dabei aber nicht weniger entschlossen. Gemein sei ihnen der „friedliche Kampf für die Sicherheit von Frauen und deren Recht, am politischen Prozess teilzunehmen“, wie der Präsident des norwegischen Nobel-Komitees, Thorbjoern Jagland, die Entscheidung begründete.
Die 72 Jahre alte Ellen Johnson Sirleaf gilt als die „Margaret Thatcher Westafrikas“, und sie pflegt diesen Ruf. Seit 2005 regiert sie als erstes weibliches Staatsoberhaupt Afrikas das ehemalige Bürgerkriegsland Liberia und hat dabei ihrem Ruf als eiserne Lady, die wenig Rücksicht auf afrikanisches Konsensdenken nimmt, bislang alle Ehre gemacht. Eine ihrer ersten Amtshandlungen bestand darin, die gesamte Belegschaft des korrupten Finanzministeriums zu feuern.
„Ma Ellen“ ist eine eiserne Lady
Die Ökonomin mit Harvard-Abschluss, die zuvor stellvertretende Direktorin der privaten „Equator Bank“ war, bevor sie ab 1997 die Afrika-Abteilung des Entwicklungsprogramms der Vereinten Nationen mit Sitz in Abidjan leitete, galt bei ihrer Wahl 2005 als Wunschkandidatin der internationalen Gemeinschaft. Damals lag ein 14 Jahre währender Bürgerkrieg (1989 bis 2003) hinter Liberia, der das Land weitgehend verwüstet und mutmaßlich 250000 Menschen das Leben gekostet hatte.
Nur die eiserne Lady mit dem wirtschaftlichen Sachverstand schien in der Lage, die enorme Aufgabe des Wiederaufbaus in Angriff nehmen zu können. Sechs Jahre später sind Liberia zwar die Auslandsschulden von 4,6 Milliarden Dollar erlassen worden, es gibt auch wieder fließendes Wasser und gelegentlich Strom in der Hauptstadt Monrovia. Doch davon abgesehen hatten sich die Liberianer wesentlich mehr von „Ma Ellen“, wie Ellen Johnson Sirleaf genannt wird, versprochen.
Am Dienstag wird in Liberia gewählt
Politisch kommt die Verleihung des Friedensnobelpreises deshalb für die Präsidentin gerade zu rechten Zeit. Am kommenden Dienstag wählt Liberia ein neues Staatsoberhaupt. Die Chancen für Frau Johnson Sirleaf, die für eine zweite Amtszeit kandidiert, stehen zwar gut - ihres Sieges sicher sein kann sie sich aber nicht. Wie nervös die Präsidentin inzwischen ist, zeigt ein Vorfall aus der vergangenen Woche, als der Chef des staatlichen Rundfunks kurzerhand entlassen wurde, weil er ein Interview mit einem Oppositionskandidaten geführt hatte. Er wurde durch einen Getreuen der Präsidentin ersetzt.
So beliebt Ellen JohnsonSirleaf im Ausland ist, so umstrittenen ist sie in Liberia. Es ist nicht nur der schleppende Wiederaufbau, der Kritik verursacht. Der Staatschefin wird auch vorgeworfen, zu wenig für die Aussöhnung der verschiedenen Bevölkerungsgruppen zu tun, insbesondere im Konflikt zwischen den „American-Liberians“ und den „Einheimischen“. Als Liberia 1822 als erste Republik Afrikas von ehemaligen schwarzen Sklaven aus Amerika gegründet wurde, hatten diese nichts Besseres zu tun, als in der neuen Heimat genau das gleiche System aufzubauen, unter dem sie in Amerika so gelitten hatten. Das Selbstverständnis, mit dem die „American-Liberians“ und ihre Nachfahren seither glauben, das Land regieren zu dürfen, war ursächlich für den Bürgerkrieg. Ellen Johnson Sirleaf ist eine „American-Liberian“, wenn auch eine mit deutschen Vorfahren: Ihr Großvater mütterlicherseits war ein deutscher Händler aus Greenville in der Provinz Sinoe.