Vom Sex war immer die Rede
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Im Handgemenge mit den Lüsten: Mehr als drei Jahrzehnte nach Michel Foucaults Tod erscheint doch noch der vierte und letzte Band seiner „Geschichte der Sexualität“.
Michel Foucault starb im Sommer 1984, mit neunundfünfzig Jahren, an den Folgen von Aids. Er war damals, 1970 auf einen für ihn eingerichteten Lehrstuhl am Collège de France für die „Geschichte der Denksysteme“ berufen, eine der hervorstechenden intellektuellen Figuren auf der Pariser Bühne, im Ausland auch als solche wahrgenommen. Die postume Wirkung seiner Bücher und Texte schloss daran bruchlos an. Werke wie „Wahnsinn und Gesellschaft“, „Überwachen und Strafen“, „Die Geburt der Klinik“ oder auch die unabgeschlossen gebliebene „Histoire de la Sexualité“ errangen den Status von Klassikern, denen auch nichts anhaben konnte, dass eine nachfolgende geduldige Ideen- und Wissenschaftsgeschichte die Quellen oft in ein anderes Licht rückte. Denn das änderte nichts daran, dass sie große Würfe waren, um die Geschichte von Wissensformen und ihr Zusammenspiel mit konkreten Praktiken und Machtansprüchen zu verstehen, zudem in einer zugleich anspruchsvollen und eleganten Theoriesprache formuliert.
Als vor drei Jahren die zweibändige Werkausgabe Foucaults in der Bibliothèque de la Pléiade herauskam, nahm man das als die abschließende Bestätigung dieses Klassikerstatus wahr. Zuvor waren die vier dicken Bände der „Dits et Écrits“ erschienen und in dreizehn Bänden die Vorlesungszyklen am Collège de France. Beides war möglich trotz Foucaults testamentarischer Verfügung, dass nichts Unpubliziertes von ihm nach seinem Tod erscheinen dürfe. Im einen Fall versammelte man an verstreuten Orten erschienene Texte, darunter viele Gespräche und Interviews, im anderen Fall konnte man darauf verweisen, dass Transkriptionen der Vorlesungen in Raubdrucken ohnehin kursierten.
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