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Korruption in Vigo : Die Willkür der Kaziken

Schöne Aussichten: Das Rektoratsgebäude der Universität Vigo macht einen sehr rationalen Eindruck Bild: Javier Albertos

Erst ist es nur ein Plagiat an einer nordwestspanischen Hochschule, dann kollektive Vertuschung: Eine Langzeitbeobachtung im Umkreis der Universität Vigo.

          10 Min.

          Wie in Deutschland, so gibt es auch in Spanien eine „Exzellenzinitiative“ zur Förderung der Universitäten. Eine der Hochschulen, die diesen begehrten Exzellenztitel - spanisch: „campus de excelencia internacional“ - im Namen führen dürfen, ist die Universität Vigo in Nordwestspanien.

          Paul Ingendaay
          Europa-Korrespondent des Feuilletons in Berlin.

          Die Naturwissenschaftliche Fakultät allerdings - ihr Campus liegt im neunzig Kilometer entfernten Ourense - ist vor zwei Jahren ins Gerede gekommen. Sechs Wissenschaftler, darunter ein ehemaliger Vizerektor und ein ehemaliger Dekan, hatten in zwei Publikationen ganze Absätze aus den Arbeiten chinesischer Forscher übernommen. Das Plagiat war der amerikanischen Fachzeitschrift zwar aufgefallen, die Beiträge wurden gesperrt.

          Die Skandale der Universität Vigo

          Doch die Universität drückte sich davor, aus der Affäre Konsequenzen zu ziehen (F.A.Z. vom 20. Juni 2011). Die Täter am Lehrstuhl für physikalische Chemie blieben in Amt und Würden. Ein halbes Jahr nach den Ereignissen erkannte ein Untersuchungsausschuss bei den Wissenschaftlern auf „Nachlässigkeit“ und „schlechte Praxis“, sprach sie aber von plagiatorischer Absicht frei. „Campus de excelencia internacional“, dieser stolze Titel klang plötzlich hohl.

          Da ich die Hochschule ein wenig im Auge behielt, blieb mir nicht verborgen, dass immer wieder Skandale die Universität Vigo heimsuchten. Zunächst betrafen sie das akademische Niveau und administratives Prozedere.

          Seilschaften und Geldschieberei

          Einer der sechs mutmaßlichen Plagiatoren etwa, Gonzalo Astray, durfte fünf Monate nach dem Skandal mit einer Arbeit, die den plagiierten Artikeln stark ähnelte, seinen Doktortitel erwerben, und zwar bei dem ehemaligen Dekan Juan Carlos Mejuto, der ebenfalls an ihnen mitgeschrieben hatte. In einer E-Mail an mich hatte Mejuto „eine Menge Irrtümer“ zugegeben, den Vorwurf des Plagiats aber zurückgewiesen. Das war in der Zeit, als mir noch jemand antwortete. Er sei „ein Schlamper“, sagte Mejuto gegenüber der Zeitung „El País“ offenherzig, aber „kein Betrüger“.

          Ein gnädiges Schicksal schien über dem umtriebigen Professor zu wachen. Kurz nach dem Skandal verlieh die Region Galicien ihm und seinem Team einen Forschungspreis in Höhe von 112.000 Euro. Geregelt hatte das sein alter Kumpel Jesús Vázquez Abad, der galicische Bildungsminister.

          Das Rektorat hüllt sich in Schweigen

          Im Dezember 2011 darauf kam es noch dicker. Mejutos Meisterschüler Astray sollte den Preis für die beste Doktorarbeit des Jahres der Universität Vigo im Bereich Naturwissenschaften erhalten. Das Thema ging durch die spanische Presse und wurde in Wissenschaftsblogs mit Fassungslosigkeit kommentiert: Wer mit der Macht im Bunde ist, schlägt noch aus seinem Versagen Kredit.

          Am 5. Januar 2012, drei Wochen vor der Verleihung, bat ich den Rektor der Universität Vigo, Salustiano Mato, per E-Mail um eine Stellungnahme zu der umstrittenen Preiskandidatur. Keine Antwort. Auch eine Anfrage an die Vizerektorin Margarita Estévez blieb unerwidert. Einen Tag aber vor dem Festakt beschloss der Universitätsrat in außerordentlicher Sitzung, Astray den Preis doch nicht zu geben. Die „zahlreichen Fehler und Nachlässigkeiten“, hieß es, seien „für Qualitätsforscher völlig unangemessen“ gewesen. Klingt nicht nach Exzellenz. Aber wie war Astray auf Platz eins der Kandidatenliste gelandet?

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