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Hochschulpolitik : Lidls verlängerte Werkbank

In bestem Einvernehmen: Wissenschaftsministerin Theresia Bauer unterzeichnet den Vertrag für das Heilbronner Masterzentrum mit der Dieter-Schwarz-Stiftung. Rechts neben ihr der damalige DHBW-Präsident Reinhold Geilsdörfers, links der ehemalige Geschäftsführer der Stiftung, Erhard Klotz Bild: DHBW

Mit Geheimverträgen kapert die Stiftung des Lidl-Gründers Dieter Schwarz die größte Hochschule Baden-Württembergs. Kein vermeidbarer Unfall, sondern Folge der Hochschulpolitik von Ministerin Theresia Bauer.

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          Theresia Bauer wollte von nichts gewusst haben. Als der Senat der Dualen Hochschule Baden-Württemberg (DHBW), mit über dreißigtausend Studenten die größte Bildungsinstitution im Land, letzten Sommer dagegen aufbegehrte, dass Präsident Reinhold Geilsdörfer das föderale Hochschulmodell auf Betreiben der mit Lidl verbundenen Dieter-Schwarz-Stiftung am Unternehmenssitz Heilbronn konzentriert, stärkte ihm die Wissenschaftsministerin ostentativ den Rücken. Dabei war die Hochschule über die Person des Präsidenten längst in eine existenzbedrohende Krise geraten, die auch Bauers Politik grundlegend in Frage stellte.

          Thomas Thiel
          Redakteur im Feuilleton.

          Von einem Klima der Angst und einer Zweiklassengesellschaft an der DHBW war zu dieser Zeit längst die Rede – hier Heilbronn, dort die zusehends geschröpften übrigen Akademien. Studenten beschwerten sich, dass sie für den Master extra nach Heilbronn reisen mussten. Die Hochschule war gespalten in das Lager des Präsidenten und eine wachsende Gegnerschaft, die nur das Beamtenrecht noch am öffentlichen Protest hinderte. Bauer wollte davon nichts wissen.

          Klar war schon damals, dass Präsident Geilsdörfer im Februar 2016 nahtlos in die Geschäftsführung der Schwarz-Stiftung wechseln würde. Die vom Lidl-Chef Dieter Schwarz gegründete Stiftung tritt an der DHBW als generöser Mäzen auf und hat dem stetig expandierenden Campus Heilbronn Tausende Quadratmeter Land und ein Ensemble moderner Seminargebäude spendiert. Im Gegenzug ließ die DHBW gegen erbitterten Widerstand der anderen Akademien immer mehr Institute nach Heilbronn ziehen.

          Der Retter in Not

          Die Stiftung leiste nur den Anschub, hieß es damals, nach fünf Jahren übernehme die Hochschule allein die finanzielle Regie. Man berief sich auf die geheim gehaltenen Verträge zwischen Land und Sponsor. Das Land kann die private Finanzspritze gebrauchen. Das rasante Wachstum der Studentenzahlen hat die DHBW in arge Finanznot gebracht. Allein in diesem Jahr beläuft sich das Defizit auf einen zweistelligen Millionenbetrag.

          Der Protest wurde abgekanzelt. Das Heilbronner Modell, hieß es, sei von den maßgeblichen Gremien beschlossen. Dass Senatoren und Rektoren gegen einen Präsidenten mit ministerieller Rückendeckung machtlos sind, gilt in der Hochschulpolitik als Binsenweisheit. Die Ohnmacht wuchs seit der Novelle des Landeshochschulgesetzes. 34 Professoren der DHBW klagten gegen das Gesetz, das sie zu Erfüllungsgehilfen von Präsidium und Ministerium degradiere. Karlsruhe nahm die Klage vor kurzem inoffiziell an.

          Der Mannheimer Professor Henrik Jacobsen stellte außerdem Strafanzeige gegen Präsident Geilsdörfer, dem er vorwarf, mit dem Mäzen ein geheimes Geschäft zu beiderseitigem Nutzen zu betreiben. Die Stiftung, behauptete Jacobsen, habe mit Geilsdörfer die geheime Absprache getroffen, bis zum Amtswechsel die Geschäfte in ihrem Sinn zu leiten, und ihm dafür den Geschäftsführerposten in die Hand versprochen. Der Verdacht blieb unbelegt.

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