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„Friedrich II.-Biographie“ - ein Textstellenvergleich : Raders Entlehnungen

Bild: Verlag C.H. Beck

In seiner Biographie zu „Friedrich II.“ von 2010 unterlaufen Olaf Rader beim Paraphrasieren eines Aufsatzes von Ortwin Gambers mehrere Fehler. Eine Dokumentation.

          6 Min.

          Auf den Seiten 100 bis 103 seiner 2010 bei C. H. Beck verlegten Biographie „Friedrich II. Der Sizilianer auf dem Kaiserthron“ behandelt Olaf B. Rader die Waffenmode um 1200. Alle Informationen und Gedanken der drei Absätze über die Waffen der Ritter stammen aus Ortwin Gambers Aufsatz „Die Bewaffnung der Stauferzeit“ aus dem Katalog der Stuttgarter Staufer-Austellung von 1977, auf den am Ende des ersten der drei Absätze verwiesen wird. Durch die komprimierende Paraphrase gelangen Fehler in die Darstellung.

          Patrick Bahners
          Feuilletonkorrespondent in Köln und zuständig für „Geisteswissenschaften“.

          Gamber unterteilt das Jahrhundert von 1150 bis 1250 modehistorisch in drei Abschnitte. In der ersten dieser Perioden, zwischen 1150 und 1190, soll nach Rader das Panzerhemd aus geflochtenen Eisenringen aufgekommen sein – das als „traditionelles Hauptstück der Schutzbewaffnung“ (Gamber) in Wirklichkeit seit dem vierten Jahrhundert bezeugt ist. Raders Leser mussten glauben, die Vasallen der Ottonen und Salier hätten im Stoffhemd oder mit nacktem Oberkörper gekämpft. Rader schreibt weiter: „Um 1200, in der schlichten Periode, ging der Trend zur vollständigen Verhüllung von Mann und Ross, die nun beim Reiten von wallenden, buntbestickten Waffenröcken und Rossdecken umflattert waren.“ Man wundert sich, inwiefern wallende, buntbestickte Röcke für einen schlichten Stil stehen können. Erklärung: Nach Gamber war der Trend zur Ganzkörperverhüllung keine Erscheinung der mittleren Periode, sondern durchgehender Zug des gesamten Jahrhunderts.

          Die vollständige Liste von Raders Entlehnungen bei Gamber:

          Die modischen Erscheinungsbilder der sich deutlich abzeichnenden drei Perioden von 1150-1190, von 1190-1220 und von 1220-1250, ließen sich am ehesten mit Schlagworten wie „reich“, „schlicht“ und „elegant“ kennzeichnen. Es ist auffällig, dass diese drei Perioden jeweils ungefähr ein Menschenalter lang dauerten.
          Ortwin Gamber, Die Bewaffnung der Stauferzeit

          Das Jahrhundert zwischen 1150 und 1250 lässt sich grob in drei Perioden von jeweils dreißig Jahren unterteilen, die mit den Schlagworten reich, schlicht und elegant die Abfolge der Kleider- und Waffenmode beschreiben.
          Olaf B. Rader: Friedrich II. Der Sizilianer auf dem Kaiserthron, S. 100

          *

          Dem erwachenden Wohlstand der Periode [von 1150 bis 1190] entsprechend, wurde die Rüstung aufwändiger und vollständiger. Traditionelles Hauptstück der Schutzbewaffnung war ein knielanges, kurzärmliges Panzerhemd, seit dem 11. Jh. mit angearbeiteter Kapuze versehen, hergestellt aus ineinander verflochtenen genieteten Ringen. Diese Panzertechnik scheint aus der keltischen La-Tène-Zeit herzurühren. […] Dieses bisher stets kurzärmelige Panzerhemd erhielt nun besser schützende lange Ärmel, die oft sogar bis zu den Knöcheln reichten. Ganz zu Ende der Periode wurden an die Ärmel Fausthandschuhe angeschlossen. […] Auf eine Fütterung des Ringelpanzers wurde weitgehend verzichtet, um ihn von Rost reinigen und einfetten zu können. […] Französische Quellen des 12. Jahrhunderts sprechen außerdem von einem gepolsterten Kleidungsstück, dem „gambeson“, hinter dem sich das deutsche Wort „Wams“ verbirgt. […] Bald nach der Mitte des 12. Jahrhunderts erschien ein langer, in der Regel ärmelloser Waffenrock über dem Ringelpanzer; vorderhand noch seltener Luxusgegenstand höchster Kreise.
          Ortwin Gamber, Die Bewaffnung der Stauferzeit

          In der ersten, reichen Periode kamen fast alle Utensilien auf, die man auch in späteren Perioden an den Rittern finden wird: ein Panzerhemd mit Kapuze und Fausthandschuhen, das aus ineinandergeflochtenen Eisenringen bestand. Darunter trug man einen gambeson, zu deutsch „Wams“, aus dickem Stoff, der nicht mit dem Panzer verbunden war, damit man diesen von Rost reinigen und einfetten konnte. Darüber kam noch einmal Stoff, nämlich ein ärmelloser farbiger Waffenrock.
          Olaf B. Rader: Friedrich II. Der Sizilianer auf dem Kaiserthron, S. 100

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