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China und die deutsche Lehre : Es werden China-Versteher gebraucht

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Vorbereitungen auf das chinesische Neujahrsfest am 26. Januar 2014 in Peking Bild: UPI/laif

Institute für Amerika-Studien gibt es fast an jeder deutschen Universität. Doch wie steht es um die Weltmacht China? Genügt zu ihrem Studium das „kleine“ Fach der Sinologie?

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          Was ist los mit unserem China-Bild? Drei Jahre ist es her, dass die Heinrich-Böll-Stiftung eine Studie zur China-Berichterstattung in den deutschen Medien publiziert hat. Bislang hat diese Analyse wenig Wirkung gezeigt. Noch immer schwankt die Medienberichterstattung zu China zwischen exotisierender Begeisterung und vereinfachender Dämonisierung. Es mangelt an Differenzierung. Beispiele für das Schwarzweißbild in deutschen Medien stellen unter anderem Beiträge dar, die die angekündigten Reformen des dritten Plenums der KP Chinas vom Oktober des vergangenen Jahres feiern, obwohl diese in der Fachwelt durchaus kritisch gesehen werden, während andererseits chinesische Investitionen in Deutschland in der Regel als Bedrohung durch „die Chinesen“ dargestellt werden.

          Es ist aber nicht unser Ziel, in eine ähnlich undifferenzierte Medienschelte zu verfallen, weil das weder der Problematik gerecht würde noch die inzwischen ja auch anzutreffende gute und ausgewogene Berichterstattung zur Kenntnis nähme. Viel wichtiger erscheint es, die dieser mangelnden Differenzierung zugrundeliegende Problematik einer historisch gewachsenen, sehr klischeehaften China-Wahrnehmung zu korrigieren.

          Ein überkommenes China-Bild

          Schon vor fünfundzwanzig Jahren hat der Konstanzer Historiker Jürgen Osterhammel die Genese dieses China-Bildes analysiert und ist zu dem Schluss gekommen, dass der Westen China immer nur als Zerrbild wahrnimmt - je nach eigener Befindlichkeit mal als Vorbild, mal als Gegenbild, nie jedoch unvoreingenommen. Es ist dieser Charakter unserer China-Wahrnehmung als Projektion eigener Befindlichkeiten, der uns den Blick verstellt und eine weniger vorurteilsgeprägte Darstellung verhindert.

          Das geht bisweilen sogar so weit, dass den Wissenschaftlern, die sich professionell mit China beschäftigen, vorgeworfen wird, sie seien „China-Versteher“, ein pejorativ verwendeter Begriff, der irrigerweise unterstellt, man könne einen Gegenstand auch ohne Verständnis be- beziehungsweise verurteilen. Dieses China-Bild, das im Bildungswesen perpetuiert wird und aufgrund der Lage an deutschen Universitäten auch von Seiten der Forschung kaum korrigiert werden kann, gilt es zu überwinden. Handelsbeziehungen und sonstigen Verflechtungen zwischen China und Deutschland werden hierzu schrittweisen ihren Beitrag leisten, aber dieser Prozess wird noch sehr viel Zeit in Anspruch nehmen.

          Sinologie unter Abhängigkeitsverdacht

          Was können wir aber schon heute gegen diese einseitige China-Wahrnehmung tun? Mit der Ausbildung von Journalisten mit China-Kompetenz ist ein erster Schritt getan, der aber nicht reicht. Die Crux ist die missliche Lage im deutschen Bildungswesen. Von der Ausbildung an den deutschen Schulen bis hin zu den Universitäten fristet China als Gegenstand immer noch ein Schattendasein, das der Stellung des Landes als Zivilisation von globaler Bedeutung und als Weltmacht des 21. Jahrhunderts nicht gerecht wird. Deutschland investiert schlicht nicht genug, um dieses Zerrbild nachhaltig korrigieren zu können. Im Geschichts-, Politik- und Philosophieunterricht an deutschen Schulen spielt China praktisch keine Rolle. Chinesisch wird trotz aller Bemühungen einzelner immer noch viel zu wenig angeboten.

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