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„Fix & Foxi“-Ausstellung : Wer Füchse zeigen will, muss listig sein

Fix und Foxi in Hannover: So wie Oma Eusebia und Lupinchen hängt leider die ganze Ausstellung in der Luft. Bild: dpa

In Hannover werden erstmals Originalzeichnungen zu „Fix & Foxi“ ausgestellt. Doch die Chance, eine Kulturgeschichte des Comics zu zeigen, wird vertan.

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          Ein Scheitern ist anzuzeigen. Nein, nicht das von „Fix & Foxi“; diese Comic-Reihe gibt es schon seit 2010 nicht mehr, als der letzte von mehreren Versuchen misslang, die bis in die achtziger Jahre höchst erfolgreiche Publikationsgeschichte des ursprünglich von Rolf Kauka verlegten Heftes wiederzubeleben. Gescheitert ist jetzt etwas anderes. Als der Unternehmer Stefan Piëch 2014 die Rechte an „Fix & Foxi“ erwarb, übernahm er auch das Kauka-Archiv mit Originalzeichnungen für die Heftserie. Im vergangenen Jahr gestattete er dann Gottfried Gusenbauer, dem Direktor des Karikaturenmuseums im österreichischen Krems, daraus eine Ausstellung zusammenzustellen – die erste überhaupt zur Geschichte von „Fix & Foxi“. Sie ist jetzt im Deutschen Museum für Karikatur und Zeichenkunst in Hannover zu sehen. Und da so schnell wohl keine weitere folgen wird, muss man leider sagen: Sie haben alles verpatzt.

          Andreas Platthaus
          Verantwortlicher Redakteur für Literatur und literarisches Leben.

          Um zu wissen, was und warum, muss man etwas über „Fix & Foxi“ erzählen: Seit 1953 waren die Geschichten mit den beiden Füchsen, dem schlauen Fix und dem weniger schlauen Foxi, erschienen. Ihr Debüt hatten sie noch in einem Kauka-Heft erlebt, das „Till Eulenspiegel“ hieß. Doch schon nach wenigen Ausgaben wurden die beiden sofort populären Füchse zu Titelhelden einer als „Sonderheft“ deklarierten Nummer gemacht, und bald hieß die ganze Reihe „Fix & Foxi“. Mit dem, wie wir die Figuren heute kennen, hatten sie zu Beginn nichts zu tun: Der Zeichner Dorul van der Heide zeichnete sie fast naturalistisch, im Stil von Bilderbuchillustrationen des späten neunzehnten Jahrhunderts. Kauka engagierte aber bald junge Zeichner aus ganz Europa und ließ das Erscheinungsbild seiner Comics dem Disney-Vorbild folgen: runde und graphisch abstrahierte Figuren.

          „Siggi der Germane“ kostete die Lizenz

          Bis er seinen Verlag 1973 verkaufte, wechselten sich viele Zeichner ab, deren Individualität hinter dem Marken-Image zurückzustehen hatte. Auch das hatte Kauka von Walt Disney gelernt. Allerdings hatte er ein weniger glückliches Händchen bei der Personalauswahl. Comic-Giganten à la Carl Barks oder Floyd Gottfredson haben nie für ihn zur Feder gegriffen.

          Lupo auf Rollschuhen: Ganz naturalistisch zeichnete Dorul van der Heide die beiden Füchse und ihren Wolfsfreund zunächst. Bilderstrecke
          Lupo auf Rollschuhen: Ganz naturalistisch zeichnete Dorul van der Heide die beiden Füchse und ihren Wolfsfreund zunächst. :

          Unter dem Heftnamen „Fix & Foxi“ wurden den deutschen Lesern in den Folgejahrzehnten aber etliche bekannte Comicfiguren vorgestellt: nicht nur Mitstreiter der beiden Füchse wie Lupo, Oma Eusebia, Professor Knox, Onkel Fax und Lupinchen, sondern auch Helden aus anderen Lebenswelten wie Micha, der Weltraumfahrer, der Hase Hops und der Igel Stops, der Maulwurf Pauli – um nur Eigenproduktionen von Rolf Kauka zu nennen. Außerdem erwarb er in den Sechzigern die Übersetzungsrechte für zahlreiche berühmte Serien aus Belgien und Frankreich: für „Spirou“, „Gaston“, „Boule et Bill“, „Lucky Luke“, „Gil Jourdan“ und auch „Asterix“. Er ließ deren Texte auf ein deutsches Zielpublikum hin frisieren, was ihn im Falle von Asterix, der plötzlich als „Siggi der Germane“ firmierte, rasch wieder die Lizenz kostete. Erika Fuchs, die berühmte Entenhausen-Übersetzerin, hat ähnlich frei und radikal zielgruppenbezogen gearbeitet wie Kaukas Leute; aber sie war eben ein Genie ihres Faches. Kauka beschäftigte nur Zulieferer.

          Null eigene Recherche

          Man kann ihn trotzdem, und obwohl er niemals selbst gezeichnet hat, mit allem Recht einen deutschen Comic-Pionier nennen. Der 1917 geborene Leipziger war ausgebildeter Drogeriegehilfe, ehe sich sein Lebenslauf ausgerechnet von 1938 bis 1945 verlor, bevor er dann wieder in München auftauchte, wo er Verleger wurde. „Fix & Foxi“ war sein einziger großer Erfolg, der sich zunächst gegen die eigene Überzeugung einstellte: Kauka wollte ins Trickfilmgeschäft einsteigen und daraus Figuren entwickeln, die danach erst in Comics verwertet werden sollten. Da es aber für ihn als Novizen leichter war, eine personell und finanziell weitaus weniger aufwendige Comicproduktion auf die Beine zu stellen, verabschiedete er sich von seinem Trickfilmtraum. Den teilte er übrigens mit dem in der Nähe wohnenden Comiczeichner Manfred Schmidt, der auch viel lieber Filme gemacht als „Nick Knatterton“ gezeichnet hätte. Kauka kam mit dem für beide unerwarteten Erfolg jedoch viel besser zurecht.

          Das alles könnte man anschaulich ausstellen, aber die Hannoveraner Schau tut es nicht. Sie kann sich nicht entscheiden, ob die weitgehend unbekannten Zeichner das Gliederungsprinzip vorgeben sollen oder die berühmten Figuren. Versucht wird dann beides, was dazu führt, dass beides zu kurz kommt. Zu Knox etwa, einer der beliebtesten Figuren, gibt es einen Satz und kaum Bilder; die Zeichner wiederum werden mit spärlichen Fakten präsentiert, die man der „Kaukapedia“ entnommen hat, einem Internetnachschlagewerk. Eigene Recherche der Ausstellungsmacher: null. Die fundierteren Texttafeln entstammen dem 2012 erschienenen Kauka-Heft der Comic-Fachzeitschrift „Reddition“. Eigene Leistung der Ausstellungsmacher: kürzen. Der exzellente Katalog, der alles einlöst, was die Ausstellung vermissen lässt, beruht zwar überwiegend auch auf diesem Vorläufer; aber er kürzt nicht und bietet überdies viele interessante Bilder.

          Und daran hapert es in Hannover besonders. Gezeigt wird zwar auch viel, aber die Macher präsentieren gern komplette Geschichten. Deren längste füllt mit ihren achtzehn Originalseiten eine ganze Wand. Die Darstellung der Entwicklung von Stoffen und Zeichnern über Jahrzehnte hinweg wird aber gar nicht erst Thema, der Fokus liegt eh nur auf den Jahren vor 1970. Und es geht ausschließlich um die Geschichten mit Fix und Foxi, denn die wichtigen importierten Serien sind im Archiv natürlich nicht mit Originalen vertreten. Hier wäre das Museum gefordert gewesen zu ergänzen. So sieht das Ganze aus wie Publicity für den x-ten Neustart von „Fix & Foxi“ – leider ohne das, was daran gut war.

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