Film : Expressiv in Afrika - Caroline Links Emigrantendrama
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Staunend: Deutsche in Afrika Bild: constantin
Die Bilder sind schön. Doch die Mutter spielt Theater, Stadttheater. Jetzt im Kino: Caroline Links neuer Film "Nirgendwo in Afrika".
Ach, Afrika! Was für ein Licht! Wie schön lassen sich Landschaft und Leute hier fotografieren. Die Bilder, die Kameramann Gernot Roll für Caroline Links Film fand und inszenierte sind selbst schon voller großer Gefühle, wunderbar mild und wehmütig. Die Geschichte, die von der jüdischen Familie erzählt, die sich vor dem brauen Terror auf den schwarzen Kontinent flüchten musste, ist es auch.
In Breslau hatten Jettel (Juliane Köhler) und Walter Redlich (Merab Ninidz) alles, was zu einem guten Leben gehörte - bis die Nazis kamen. Redlich, als jüdischer Rechtsanwalt mit Berufsverbot belegt, floh nach Kenia. Er wurde Farmer. Jettel folgt ihrem Mann zusammen mit der Tochter ins afrikanische Exil. Sie können nichts als ihr Leben retten, immerhin schafft Jettel es noch, das Rosenthal-Geschirr einzupacken. Über den Kontinent weiß sie wenig. Sie erwartet wohl eine Art Breslau mit Negern.
Mit Rosenthal in Afrika
Jetzt sitzt sie mit ihrem geliebten Mann in einem Farmhaus. Um sie herum eine traumhaft schöne Landschaft und anmutige, freundliche Menschen. Allerdings haben sie eine dunkle Hautfarbe und tragen Lumpen am Körper. Jettel keift und zetert und beginnt ein wenig gesellschaftlichen Umgang in ihr neues Leben zu bringen, mit Rosenthal und sozialer Abgrenzung.
Für Jettel beginnt ein neuer Lebensabschnitt. Bald wird sie anfangen, sich mit Afrika zu arrangieren. Sie wird die Schönheit des Landes und den Freund ihres Mannes (Matthias Habich) schätzen lernen. Sogar mit dem nächsten Schicksalsschlag, der Internierung durch die Engländer, weiß sie umzugehen. Durch das Allerlei der harten Lebenssituationen hindurch wird sie zu einer passionierten, weißen Afrikanerin.
Germanischer Expressionismus
Juliane Köhler gibt diesen Part mit einer eisernen Fraulichkeit, die an die Haarspray-gefestigte Sinnlichkeit Andie MacDowells erinnert. Die Köhler allerdings vergrößert dieses Bild einer Geschlechterrolle, in dem Launenhaftigkeit zur weiblichen Stärke stilisiert wird, mit germanischem Expressionismus zum Phänotyp. Wer dieses Frauenbild mag, der wird mit „Nirgendwo in Afrika“ gut bedient sein, denn Caroline Link hat in ihrer Verfilmung von Stefanie Zweigs autobiografischem Roman die Mutter in die Mitte des Geschehens gerückt.
Den Männern in diesem Film bekommt die leichte Vernachlässigung recht gut. Da aus ihnen keine exaltierten Expressionen herausgeholt werden sollen, können Merab Ninidze, Matthias Habich und Sidede Onyulo (er spielt den kenianischen Koch) die Handlungen ihrer Figuren mit Ausstrahlung und Wärme beglaubigen. Die Köhler muss hier Theater spielen, den Männer ist es gestattet, gute Filmschauspieler zu sein.
Wo waren die Skript-Doktoren?
Es gibt viele anrührende Momente in dieser Geschichte, und meist gehören sie der Tochter des Paares. Die Freude, hier zu sein, kann Caroline Link besser an dem kleinen Mädchen zeigen, etwa wenn dieses barfüßig im Matsch steht oder ein Tier im Arm hält, als an der Mutterfigur, die später, wenn sie diese Station ihres Leben erreicht hat, manieriert deklamiert: „Dieses Land ist schön.“ Dann wirft sie die Arme hoch und dreht sich um sich selbst: Nirgendwo im Stadttheater!
Natürlich fragt man sich, wo die Regisseurin in solchen Momenten ist, schließlich gehört doch Schauspielführung zu ihren Aufgaben. Wenn sie doch wenigstens die freie Zeit genutzt hätte, um an dem Drehbuch und an den Dialogsätzen zu feilen.
Nötig gehabt hätten sie es. Wie bei so vielen deutschen Filmen scheint man hier die Rohfassung verfilmt zu haben. Wo waren die Skript-Doktoren? Und es wird oft viel dahergeredet („Versprich mir, dass wir das zusammen durchstehen!“).
Trotzdem ist „Nirgendwo in Afrika“ kein schlechter Film. Mit etwas mehr Geschick hätte er aber auch ein guter werden können.