FAZ.NET-Frühkritik : Wulffs Zeremonienmeister
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Verteidigungsplan für Bellevue: Christan Wulff und sein Berater Peter Hintze Bild: dapd
Von Peter Hintze ist Christian Wulff gut beraten. Bei „Plasberg“ verteidigt er ihn so geschickt wie unverfroren. Die Debatte zeigt, wie Wulff die Medien zur systematischen Irreführung benutzt.
„Von uns hat er die Akte auf jeden Fall nicht.“ Wahrscheinlich kam Peter Hintze deshalb ohne Unterlagen in die Sendung von Frank Plasberg. Das Zitat stammt vom niedersächsischen Regierungssprecher Franz-Rainer Enste und ist heute Morgen in der „Hannoverschen Allgemeinen Zeitung„ zu lesen. Hintze ist der Berater und letzte Verteidiger des Bundespräsidenten Christian Wulff. Die HKL – die Älteren erinnern sich: die Hauptkampflinie – ist in den Talk-Shows des deutschen Fernsehens zu finden. Hintze verhalf das zu einem Doppelauftritt, am Sonntag bei Günther Jauch und gestern bei Frank Plasberg. Es ist kein schweres Schicksal.
Ob der ehemalige Generalsekretär der CDU darüber Tagebuch führt wie einst Ernst Jünger? Dort könnte er uns über jene Akte des niedersächsischen Regierungssprechers aufklären. Es geht hier um eine Aussage Hintzes über eine Bürgschaft des Landes Niedersachsen an den Filmunternehmer David Groenewold im Jahr 2007. Wulff, so Hintze am Sonntag, habe sich in einem „handschriftlichen Aktenvermerk“ für „befangen“ erklärt und daher „um eine gründliche Prüfung“ gebeten. Wie so vieles in der langen Debatte um Christian Wulff ist diese Bemerkung in den Medien erst einmal untergegangen. Nur die Grünen hatten in einer Pressemitteilung auf den seltsamen Umstand hingewiesen, dass Hintze aus Akten zitiert, die „den Abgeordneten des Landtages nicht bekannt, beziehungsweise mit dem Hinweis, dass keine Akten vorhanden seien, vorenthalten worden“ seien.
Die Prüfung fand 2009 statt
Nun hatte Plasberg die Möglichkeit, Hintze auf diese Äußerung beim Kollegen Jauch anzusprechen. Dazu kam es aber nicht mehr. Denn kurz vor der Sendung brachte die „Süddeutsche Zeitung" eine Meldung, die einen solchen Aktenvermerk Wulffs thematisierte. So funktionieren Medien. Hintze sprach gestern von deren Funktion der „selbstreferentiellen Skandalisierung“. In diesem Fall ging es allerdings um den Anschein der selbstreferentiellen Entlastung Wulffs über München. Die „Süddeutsche" zitiert Wulff mit folgenden Worten: „Bei allen Aktivitäten im Zusammenhang mit D. Groenewold bitte äußerste Zurückhaltung, um jeglichen Anschein von Nähe zu vermeiden. Hier müsste, wenn überhaupt, genau hingeschaut werden.“ Sie spricht gar von Entlastung, wenn auch nur ein „Stück weit“. Nur stammt dieser Vermerk aus dem Mai 2009, Jahre nach der Bürgschaft und den sogenannten „Freundschaftsdiensten“ Groenewolds für den damaligen Ministerpräsidenten. Es geht um eine Firma, die tatsächlich nur einen Briefkasten hatte, und wo die Bürgschaft laut Groenewolds Anwalt noch am Sonntag morgen in der „Bild am Sonntag", „niemals zum Tragen kam, weil sich die ursprünglich geplanten Filmprojekte bereits im Herbst 2007 erledigt hatten.“
So funktioniert die Debatte um Wulff. In diesem Fall von Sonntag bis Dienstag. Von „selbstreferentieller Skandalisierung“ kann nicht die Rede sein. Wulff nutzt vielmehr die Medien zur systematischen Irreführung, wie man bei Plasberg erleben konnte. Es ist nicht eben mehr als nur ein „Stück weit“ irrelevant, was Wulff im Jahr 2009 notierte, wenn es um Sachverhalte im Jahr 2007 geht. Nach 2009 gab es keine weitere Bürgschaft des Landes – und die Filmprojekte dieser Firma hatten sich schon im Herbst 2007 erledigt. Zudem ist diese Aktennotiz erstmals am Sonntag über Peter Hintze öffentlich geworden, obwohl es die ersten Nachfragen zu dieser Bürgschaft schon vor mindestens sechs Wochen gegeben hatte.
So hat der niedersächsische Finanzminister Hartmut Möllring am 17. Januar detaillierte Auskünfte mit dem Hinweis auf die „Bürgschaftsrichtlinie des Landes Niedersachsen“ und Regelungen „zur Vertraulichkeit der Verhandlungen, Beratungen und Unterlagen“ abgelehnt. Hintze war zu diesem Zeitpunkt schon der Berater Wulffs gewesen – und Möllring hatte mit Wulff gesprochen, um sich auf die Debatten im Landtag in Hannover vorzubereiten. Da soll diese „Entlastung“ kein Thema gewesen sein? Wer soll das glauben?