FAZ.NET-Frühkritik : „Benzin ist teurer als Bier“
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„Hart-aber-fair“-Moderator Frank Plasberg Bild: WDR/Herby Sachs
Bei Frank Plasberg ging es mal wieder um die Energiewende: Warum ist Strom, Gas und Benzin so teuer? Zum Glück gab es „Erklärmonster“ Ranga Yogeshwar.
Kaum einer im deutschen Fernsehen kann so schön erklären wie Ranga Yogeshwar: Anschaulichkeit gehört zum journalistischen Handwerkszeug, und dass er das gelernt hat, bewies der Wissenschaftsjournalist gestern Abend wieder einmal bei Frank Plasberg: „Benzin ist inzwischen teurer als Bier“, erklärte der Diplomphysiker, der einst in Aachen studierte, all jenen, die es bislang noch nicht bemerkt haben. „Und es geht jetzt in Richtung Rotwein“, fügte er hinzu, „billiger Rotwein, der für Studenten gerade noch so reicht“. Irgendwann könnten sich viele Menschen das einfach nicht mehr leisten.
Frank Plasberg hatte sich in seiner Sendung zum Jahrestag des Erdbebens in Japan die ökonomischen Folgen der Energiewende vorgeknöpft. „Strom, Gas und Benzin werden immer teurer: Wer schützt die Bürger vor der Gier der Konzerne? Und welche Mitschuld hat der Staat, der uns hohe Energie-Steuern und die Zeche für den Ökostrom aufbrummt?“
Längst kein Irrsinn mehr
Die Diskussion blieb meist sachlich, fast schon ein wenig langweilig, denn die Positionen wurden im Grunde schon etliche Male vorgetragen. Da wunderte es wenig, dass die Grüne Bärbel Höhn von Elektroautos und Förderprogrammen schwärmte, und die hohen Kosten für Benzin und Strom den „großen Konzernen“ in die Schuhe schob. Und es wunderte auch wenig, dass der liberale Wirtschaftsjournalist Roland Tichy den Staat mit seinen Steuern und Umlagesystemen als einen der Hauptverantwortlichen für die hohen Energiepreise anprangerte.
Auch Umweltminister Norbert Röttgen (CDU) analysierte nicht ganz uneigennützig, dass die Energiedebatte in Deutschland „ideologisch aufgeladen“ sei und es zu viele „irrationale Glaubenskriege“ gebe. Tatsächlich legte Röttgen und die Bundesregierung mit der atompolitischen Kehrtwende eine Meisterleistung in Sachen Pragmatismus hin. Doch manchem war das auch ein wenig zu viel Pragmatismus: Der Journalist Tilman Jens erinnerte daran: Herr Röttgen habe früher Jürgen Trittin als Irren dargestellt, heute vertrete er fast die gleiche Position. Da lächelte selbst der sonst eher grummelnde Roland Tichy. Aber im Grunde war das alles schon lange vor der Sendung bekannt.
Deshalb heißt sie ja auch Ökosteuer
Viel Neues gab es daher nicht, informativ war es dennoch: Vor allem Roland Tichy schlug sich neben Ranga Yogeshwar gar nicht schlecht: Wenn Strom, Sprit und Gas gleichzeitig teurer würden, könne sich das am Ende niemand mehr leisten, warnte auch Tichy. Schon im vergangenen Jahr hätten 600.000 Menschen ihre Stromrechnung nicht mehr rechtzeitig bezahlen können – das sei immerhin „eine halbe deutsche Großstadt“. Tichy bezweifelte gar nicht, dass die Unternehmen ihre Kunden manchmal über Gebühr zur Kasse bitten. Dass Tankstellen ihre Preise – wie vom Kartellamt beanstandet – insgeheim zu Lasten des Verbrauchers koordinieren und dass der Wettbewerb zwischen den Energieversorgern nicht immer reibungslos funktioniert. „Auf Konzerne schimpfen ist in Ordnung, aber der Staat ist auch Schuld“, war sein Grundtenor: Der Staat kassiere mittlerweile 90 Cent je Liter Benzin.
Bärbel Höhn versuchte, den Zugriff des Staates herunter zu reden: Früher sei die Steuerbelastung auf Benzin und Diesel prozentual höher gewesen. Inzwischen seien es nur noch rund 50 Prozent, früher 75 Prozent. Und wenn man jetzt die „Ökosteuer“ weiter senken würde, hätte man „bei der Rente ein Problem“, versuchte sich Höhn in der alten rot-grünen Argumentationskette. Plasberg kommentierte lakonisch und routiniert gekonnt: „Deshalb heißt sie auch Ökosteuer, weil damit die Rente finanziert wird“.
Nirgends wird mehr gedämmt
Wie alt die Debatte um hohe Spritkosten ist, zeigte ein kleiner Einspieler aus dem Jahr 1974: Schon damals befragten Reporter gerne Autofahrer an der Tankstelle, was sie von den Benzinpreisen halten: Gar nichts! Abzocke! Die Steuern sind zu hoch! So lautete schon vor knapp 40 Jahren die einhellige Meinung an der Zapfsäule.