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Wie erkläre ich’s meinem Kind? : Warum wir einander in den April schicken

Mitunter prüft einander auch, wer sich schon ewig gebunden hat: Vermählung Heinrich IV. und Maria de Medicis, gemalt von Peter Paul Rubens. Bildbeschreibung einblenden Podcast starten 03:06

Mitunter prüft einander auch, wer sich schon ewig gebunden hat: Vermählung Heinrich IV. und Maria de Medicis, gemalt von Peter Paul Rubens. Bild: picture alliance / Heritage-Images

Für Christen war der 1. April ein großer Unglückstag, die alten Römer verehrten an ihm ihre Liebesgöttin. Liegen hier die Wurzeln des Aprilscherzes? Jedenfalls ranken sich schöne Geschichten um den Brauch.

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          Den 1. April haben die Menschen schon lange auf dem Kieker. Ein Unglückstag soll er sein, heißt es seit Jahrhunderten, schließlich sei Judas – der Jünger, der Jesus verraten hat – an einem 1. April geboren und habe sich an einem 1. April das Leben genommen. Außerdem soll Luzifer an diesem Tag aus dem Himmel gestürzt worden sein. Das sind ernste, große Momente in den christlichen Erzählungen, ein Grund für Scherze und Streiche sind sie sicher nicht.

          Fridtjof Küchemann
          Redakteur im Feuilleton.

          Man schickt jemanden in den April, heißt es ja, und früher war das oft genug wörtlich gemeint: Jemand muss eine angeblich wichtige Botschaft überbringen, die aber ihren Empfänger lediglich auffordert, den Boten weiterzuschicken. Hier gibt es zumindest eine Verbindung: Der Tag, an dem sich Judas umbrachte, war auch der Tag, an dem Jesus festgenommen und zunächst zum römischen Statthalter Pontius Pilatus, von ihm zu König Herodes und von dem wieder zurück zu Pilatus geschickt wurde. Wenn jemand umsonst vom einen an den anderen verwiesen wird, sagt man auch heute noch in einer scherzhaften Verkürzung, er werde von Pontius zu Pilatus geschickt.

          Es gibt Berichte über diese Art von Aprilscherzen, die vierhundert Jahre alt sind, bei Mozart und bei Goethe finden sich Anspielungen darauf. Und schon 1774 tauchte ein erster Aprilscherz in einer Zeitung auf, der seine gutgläubigen Leser im übertragenen Sinn in die Irre führte. Man könne nicht nur Ostereier, sondern auch Hühner färben, hieß es damals schlicht: einfach die Umgebung der Tiere in der gewünschten Farbe streichen, schon passten sie sich an.

          Bild: F.A.Z.

          Bei den alten Römern war der 1. April der Liebesgöttin Venus zugeordnet. Das passt: Es gibt nicht nur viele Geschichten, in denen sich Verliebte verkleiden, um andere, die sie aufhalten könnten, oder sogar den Geliebten oder die Geliebte selbst zu täuschen. Wer verliebt ist, wird auch oft und gern zum Opfer von Spott und Streichen.

          Vielleicht die schönste Geschichte über die Grundlagen des Aprilscherzes ist die vom französischen König Heinrich IV., der im frühen 17. Jahrhundert auf den vermeintlichen Liebesbrief einer Sechzehnjährigen hereinfiel: Als er in dem Lustschloss ankam, das der Brief als heimlichen Treffpunkt der beiden vorschlug, wurde er dort nicht nur von seinem Hofstaat erwartet, sondern auch von seiner Ehefrau, Maria de Medici – die sich erfreut zeigte, dass ihr Mann zum „Narrenball“ erschienen sei.

          Das zeigt auch, dass die besten Aprilscherze nicht einfach auf die Schnelle ausgedacht sind, sondern ein bisschen Planung erfordern. Aber ein paar Tage haben wir ja zum Glück noch Zeit bis zum 1. April.

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