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Bildungsdaten : Treibstoff für die Helikoptereltern

Alleinflugrecht im Kinderzimmer: Spielzeug-Hubschrauber Bild: Lego

Die Entwicklung und die Leistung unserer Kinder wird dokumentiert wie nie zuvor. Von der Krippe bis zum Abitur fallen Daten an, die oft schlecht geschützt, aber heiß begehrt sind. Auch von den Eltern.

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          Wir wissen ja so wenig über unsere Kinder! Schon wer sein Kind in eine Krippe bringt, kennt dieses unbehagliche Gefühl: Noch kann das Kleine nicht einmal selbst erzählen, was es alles erlebt hat. Später sind es die beiläufigen Erwähnungen anderer Kindergarteneltern, aus denen klar wird, dass man in der Entwicklung des eigenen Kindes wohl etwas verpasst hat. Noch in der Zeit, wenn Kinder bereitwillig aus der Schule erzählen, kann es im Gespräch mit den Lehrern zu Überraschungen kommen - lange vor der Phase, in der die Halbwüchsigen auf die Frage, wie es in der Schule war, mit einem knappen „gut“, auf die Frage, ob eine Klassenarbeit anstehe, „weiß nicht“, und überhaupt im Subtext ein einziges, ewiges „halt dich da raus“ antworten.

          Fridtjof Küchemann
          Redakteur im Feuilleton.

          Irgendwann haben sich die Beobachtungsobjekte, über denen die Helikoptereltern unermüdlich kreisen, Tarnnetze der Einsilbigkeit übergezogen. Der Wunsch, trotzdem auf dem Laufenden zu bleiben, wird dringlich. Und die Möglichkeit, ihn zu erfüllen, ist so naheliegend wie nie zuvor. Die Digitalisierung der Bildung macht es möglich.

          Das Leben ist anderswo

          Wer in diesen Tagen die Bildungsmesse Didacta in Hannover besucht, kommt am Thema neue Technologien nicht vorbei: Lehrer, Erzieher, Studenten oder Eltern, alle werden vom Haupteingang im Norden des Messegeländes geradewegs durch Halle 23 geleitet, vorbei an den strahlenden Ständen der Hard- und Softwareanbieter jeder Größe mit ihren über Berührungen steuerbaren Großbildschirmen. Und wer sich all die glänzenden Lösungen anschaut, eine Schule auf der Höhe der Zeit einzurichten, den Unterricht digital aufzumotzen und auszuwerten, steht unwillkürlich vor der Frage, was denn mit all den Daten passiert, die da anfallen - wer sie sammelt, sichert, auswertet, wer sich für sie interessiert, wozu sie gut sind. Sollte man meinen.

          Die Digitalisierung ist ein großes Bildungsthema, nicht nur auf dieser Messe, aber die Karawane der Besucher zieht weiter in die hinteren Hallen, zu den Schulbuchverlagen und Kindergartenausstattern, den Bildungsinitiativen, den Kartenanbietern, den Spiel- und Sportgeräteproduzenten, zwischen denen sich allenfalls noch das eine oder andere digitale Angebot versteckt.

          Das Datenaufkommen wächst rapide

          Dabei kommt an den neuen Technologie tatsächlich keiner mehr vorbei. Und das beginnt schon im Kindergarten. Die Firma Ergovia zum Beispiel, in Halle 17 zwischen die Stände von zwei Kindermusikproduzenten gezwängt, hat eigens für die Arbeit im frühkindlichen Bereich die Tablet-App Stepfolio entwickelt. Mit ihr können Erzieher Erlebnisse der Kleinen festhalten, Eindrücke notieren, frisch erworbene motorische Fähigkeiten filmen, Sprachentwicklungsschritte aufnehmen oder die diagnostischen Bögen ausfüllen, die zum pädagogischen Pflichtprogramm gehören. Zu Stepfolio gehört auch eine Eltern-App, die Vätern und Müttern Einblick ins digital geführte Portfolio, in eine Art Entwicklungsdokumentation ihres Kindes gibt. Passwortgeschützt auf dem Rechner der Einrichtung, nicht etwa offen im Aktenordner im Büro: Das Unternehmen wirbt mit dem hohen Datenschutzstandard ihres Produkts. Und wenn das Kind die Einrichtung verlässt, werden die Daten gelöscht.

          So klar begrenzt sind die Systeme, in denen die Entwicklungs- und Bildungsdaten unserer Kinder abgelegt werden, nicht immer. Zwar müssen Schulen die pädagogischen Daten in einem anderen System ablegen als die Schulverwaltung - zu der auch die Benotungen und Verhaltensvermerke gehören. Das hält Lehrer allerdings nicht immer davon ab, die Zensuren zusätzlich auf dem Privatrechner zu Hause abzulegen oder vor den Zeugnissen über Dropbox oder andere Datenaustauschanbieter in der Cloud mit anderen Lehrern zu teilen. Und durch die Digitalisierung des Unterrichts steigt das Datenaufkommen rapide an.

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