Eine schwere Rüge ins Klassenbuch
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Kinder sollen in der Schule lernen – aber nicht nur harte Fakten. Bild: Picture-Alliance
Marx unterschied zwischen Erziehung und Bildung und wollte die Kinder technisch schulen. Diese Chance wurde vertan: Heute werden Kinder zum Schleimen, Petzen und Mobben motiviert.
Sarkastisch beendet Marx im März 1859 einen Text über den Bildungsstand der Besitzlosen in einer der fortgeschrittensten Industrienationen der Welt, indem er feststellt, dass einschlägige Artikel in den englischen Fabrikgesetzen zwar forderten, „dass die Kinder Bescheinigungen über den Schulbesuch bringen, aber nicht, dass sie etwas gelernt haben müssen“. Inzwischen sind wir weiter. Lernen heißt jetzt unter anderem, „gemeinsam ins Gespräch kommen“ über Fragen wie: „Wovor hast du Angst?“
So jedenfalls wünscht sich’s ein aktuelles Pädagogiklehrbuch zur Vermittlung „emotionaler Kompetenz“, das erklären will, „wie Kinder in der Gemeinschaft stark werden“. Ein anderes schlägt Übungen vor, bei denen die Kleinen sich „mit ihrem Namen identifizieren“ sollen, und „für ältere Kinder kann die Übung modifiziert werden. Sie schreiben auf dem Papierbogen die Buchstaben ihres Vornamens senkrecht untereinander. Zu jedem Buchstaben schreiben sie nun ein Wort auf, das sie in irgendeiner Weise beschreibt. Statt einem Wort können auch mal zwei oder drei Worte aufgeschrieben werden. Besonders schwierige Buchstaben im Namen wie x oder y werden einfach ausgelassen.“ Denn was man nicht gleich oder leicht schafft, das spart man sich am Besten, lernt so der kleine Xaver, der sich dann halt mit der Letternfolge „Aver“ identifiziert, worüber sich die Banknachbarinnen „Slvia“ (biodeutsch) und „Ala“ (muslimisch, beide ohne das störende y) bestimmt mit ihm freuen.
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