Enthüllungen : Die Terroristin und der Figaro
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Udo Walz mit seiner Stammkundin Christiansen Bild: dpa
Klebt Blut an den Scheren des Berliner Star-Coiffeurs Udo Walz? Die Journalistin Bettina Röhl, Bekämpferin Joschka Fischers und Tochter Ulrike Meinhofs, bezichtigt den Friseur, er habe ihrer Mutter bei der Tarnung geholfen.
Wer im Journalismus etwas auf sich hält, der verschafft sich einen redaktionellen Kodex. Dieser Kodex enthält bestimmte Regeln, die sich die Redaktion ganz freiwillig und zum Wohle ihrer Leser auferlegt hat, zum Beispiel daß Finanzmarkt-Redakteure keine Aktien besitzen dürfen oder daß Interviews dem Interviewten vor der Veröffentlichung stets vorgelegt werden. Auch diese Kolumne besitzt einen redaktionellen Kodex, der freilich nur aus einem einzigen Satz besteht. Er lautet: „Nie, nie, nie darf in dieser Kolumne der Name Udo Walz auftauchen.“ Manchmal aber läßt es sich einfach nicht vermeiden, selbst die eisernsten Regeln zu brechen.
Udo Walz ist eigentlich nur ein Friseur. Er arbeitet aber in Berlin, schnippelt dort an ein paar prominenten Köpfen herum und gilt seit Jahren, mangels Alternativen, als Synonym für den angeblichen Glanz und Glamour Berlins. Wann immer irgendein Blatt, dessen Redaktion ganz weit weg von Berlin angesiedelt ist, eine Reportage über das gesellschaftliche Leben der Hauptstadt veröffentlicht, taucht spätestens im zweiten, allerspätestens im dritten Absatz der Name „Udo Walz“ auf. Es ist praktisch unmöglich, dem Mann zu entkommen, zumal sogar die Mächtigsten seine Nähe suchen: Gerhard Schröder ließ Walz vor Gericht bezeugen, daß sein Haupthaar nicht gefärbt sei, Angela Merkel läßt sich von ihm ihre Betonfrisur auflockern, und bei Sabine Christiansens Talkshow taucht Walzens Name gar im Abspann auf.
Dunkle Flecken
Jetzt aber droht der weiße Kittel des Udo Walz schwarz befleckt zu werden, oder noch passender: blutrot. Der Society-Liebling nämlich soll eine dunkle Vergangenheit verschweigen. Nicht nur Merkel, Schröder oder Christiansen nämlich hat er den Kopf gewaschen, sondern auch einer Dame mit, gelinde gesagt, umstrittenen politischen Ansichten: der RAF-Terroristin Ulrike Meinhof. Das hat Walz selbst in einem „Stern“-Interview vor zwei Jahren bekannt, dabei aber womöglich nicht die ganze Wahrheit gesagt: Walz nämlich soll, anders als damals von ihm behauptet, die Meinhof zu einem Zeitpunkt frisiert haben, als diese bereits wegen versuchten Mordes gesucht wurde. Damit hätte er ihr zu einer neuen Tarnung verholfen.
Enthüllt hatte dies am Mittwoch die „Welt“, an diesem Donnerstag berichtet der „Tagesspiegel“, der sich auch näher mit der Verfasserin des „Welt“-Textes befaßt. Es ist Bettina Röhl, eine Tochter Ulrike Meinhofs und die Frau, die vor einigen Jahren erbittert gegen Außenminister Fischer kämpfte: Sie hatte die Fotos in Umlauf gebracht, die einen jungen Fischer beim tätlichen Angriff auf einen Polizisten zeigten.
Ein früher Walz
Jetzt also fordert Röhl einen neuen Gegner heraus. In der „Welt“ beschreibt sie, wie sich die RAF im Untergrund entschloß, sich von ihrem „schlampigen Apo-Look“ zu trennen und sich ein unverdächtiges „bürgerliches Aussehen“ zuzulegen. Im Oktober 1970 habe Walz ihrer Mutter jenen Look verpaßt, der „als echter früher Walz später auf dem berühmten RAF-Fahndungsplakat in die Geschichte der Bundesrepublik eingeht“. Fazit: Walz müsse „in diesem Fall öffentlich Farbe bekennen und sagen, daß er ihre Haare während der Untergrundzeit färbte und nach allem Anschein auch allerbestens wußte, daß Meinhof Meinhof war“, fordert Bettina Röhl.
Auch an diesem Donnerstag indes beteuert Walz gegenüber der nachhakenden „Welt“, nicht gewußt zu haben, wer das „forsche Mädchen“ war, das seinen Salon betrat. „Bei mir war die Devise schon immer, niemanden zu fragen, wer er ist und was er beruflich macht.“
Abgrundtiefer Haß