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Anthony Burgess’ Malaya-Romane : Weißendämmerung in Südostasien

  • -Aktualisiert am

Farbenfrohe Erinnerung an eine Vergangenheit, die in Krieg mündete: Ehemals britische Telefonzellen in Malaysia Bild: Mauritius

Die Dekolonialisierung erlebte Anthony Burgess selbst mit: Nun ist die deutsche Übersetzung seiner daraus resultierenden Malaya-Romantrilogie abgeschlossen.

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          Manche Autoren leiden darunter, dass sie nur durch ein bestimmtes Buch oder eine Figur besonders bekannt wurden, oft durch solche, die sie gar nicht besonders hoch schätzten. Beispiele sind Arthur Conan Doyle, der seinen erfolgreichen Sherlock Holmes eines Tages umbringen wollte, oder G. K. Chesterton, der seinen Father Brown nur zum Geldverdienen geschaffen hatte. Eigentlich, so dachten diese Autoren, hatten sie Wichtigeres geschrieben. So überlebt Anthony Bur­gess (1917 bis 1993) hauptsächlich als Autor der Dystopie „A Clockwork Orange“, zumal das Buch 1971 erfolgreich von Stanley Kubrick verfilmt wurde. Wer weiß von seinen etwa fünfzig weiteren Romanen, von seinen Essays und Artikeln, die in „Le Monde“ wie im „Rolling Stone“ erschienen, oder von seinen Arbeiten für den Film, gar von seinen musikalischen Kompositionen?

          Dass das Wort „Orange“ im Titel des Bestsellers auch etwas mit Orang-Utans zu tun haben könnte, verweist auf ein anderes Leben des Autors. Burgess verbrachte prägende Jahre – von 1954 bis 1959 – in Malaya (heute Malaysia), wo er als Dozent arbeitete, aber unablässig Romane und anderes schrieb. Hier entstand seine „malaiische Trilogie“, die autobiographisch eingefärbt ist und dabei doch auch eine entscheidende Zeit des Landes einfängt: dessen Weg in die Unabhängigkeit von britischer Vorherrschaft. Leser tauchen ein in eine Welt von menschlichen und natürlichen Dschungeln: Sprachenvielfalt und ethnische Rivalitäten zwischen Chinesen, Tamilen, Malaien, Muslimen, Sikhs und Hindus, mittendrin und fremd weiße Frauen und Männer. Über all dem thront ein Gott namens Alkohol, insbesondere im ersten Band der Reihe: „Jetzt ein Tiger!“ (auf Deutsch bereits 2019 herausgekommen), wobei der Tiger nichts anderes ist als eine Biersorte.

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