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Fotografie-Ausstellung : Einfach einmal innehalten

Schau mir in die Augen: Passantin in Williamsburg, New York Bild: Jerry L. Thompson

Von August Sander bis Hans Eijkelboom: Die SK Stiftung Kultur in Köln glänzt mit beispielhaften Serien ihrer umwerfenden Fotografiesammlung.

          4 Min.

          Es gibt Menschen, die behaupten, ein Bild sage mehr als tausend Worte. In der Ausstellung „Vergleichende Konzepte“, mit der die Photographische Sammlung SK Stiftung Kultur in Köln 1997 zum ersten Mal einen Einblick in ihre Bestände gab, war es umgekehrt: Da brüllten Hunderte von Abzügen wie im Chor nur die eine Vokabel von den Wänden herunter: „Wumms!“ Und so erschrocken wie ergriffen schnappten Besucher zunächst einmal nach Luft. Großartiger hätte die Schau nicht sein können. Mit August Sander, Karl Blossfeldt, Albert Renger-Patzsch sowie Bernd und Hilla Becher präsentierte man mithin das Beste, was die neusachliche Dokumentarfotografie allemal in Deutschland, womöglich weltweit hervorgebracht hat.

          Freddy Langer
          Redakteur im Feuilleton, zuständig für das „Reiseblatt“.

          Als die SK Stiftung Kultur vor knapp einem Jahr erklärte, „bereitzustehen“ für eine Zusammenarbeit mit der Stadt Düsseldorf und dem dortigen, von Andreas Gursky entwickelten Verein zur Gründung und Förderung eines Deutschen Fotoinstituts – nicht aber mit der Stadt Essen, die von einer Expertenkommission als Standort für eine solche Einrichtung bevorzugt wurde –, war also längst bekannt, mit welch beachtlichen Pfunden dort gewuchert wird. Dennoch kommt man nicht umhin, wenn die SK Stiftung Kultur jetzt zu ihrem Jubiläum zum fünfundzwanzigjährigen Bestehen mit gleich zwei Ausstellungen wiederum Einblicke in die Sammlung von mittlerweile vierzigtausend Bildern gibt, darin neben der großartigen Geburtstagsfeier auch ein Moment von Propaganda zu vermuten. Jetzt sind fast vierhundert Porträts, Landschaften und Pflanzenbilder von fünfundzwanzig Fotografen zu sehen, unter ihnen Klassiker der frühen Moderne sowie zahlreiche Becher-Schüler der ersten, zweiten und dritten Generation. Vom Spätsommer an sollen die Themen Architektur, Indus­trie und urbanes Leben folgen.

          Bleiben Sie doch bitte mal stehen:Passantin in London
          Bleiben Sie doch bitte mal stehen:Passantin in London : Bild: Albrecht Tübke

          Viele der Aufnahmen sind Neuerwerbungen aus jüngerer Zeit, allesamt sind sie einem sachlich-dokumentarisch ausgerichteten, konzeptuellen Ansatz verpflichtet. Dass sie als Einzelbilder Bestand haben, zeichnet sie aus. Aber erst in den methodisch angelegten Serien entfalten sie ihre volle Wirkung. Vergleichsmöglichkeiten zu bieten wird diesen Fotografen zum Prinzip. Wobei sich hinter ihrer Treue gegenüber der oft strengen Vorgehensweise ebenso wie dem einmal gewählten Motiv gegenüber nicht zuletzt die Hoffnung verbergen mag, Schlüsse auf Allgemeingültiges, Universelles ziehen zu können.

          August Sanders Typologie „Antlitz der Zeit“ aus den Zwanziger- und frühen Dreißigerjahren, die mit einem beeindruckenden Konvolut ausgebreitet ist, wird dabei zum Präzedenzfall, jene Serie, für die er mit Vertretern von Berufen, Ständen oder sozialen Gruppen einen Querschnitt der Gesellschaft darstellte. Vom „Kretin“ und dem Handlanger bis zum Fabrikdirektor und Politiker reichte seine Hunderte von Kategorien umfassende Liste, manche Begriffe aber auch weniger konkret formuliert, etwa „Die Frau im geistigen und praktischen Beruf“. Was sich daraus ergab, waren Porträts, deren vermeintliche Wahrhaftigkeit die Nähe zum Klischee mitunter kaum verbergen kann. Doch das wird überstrahlt von der Ernsthaftigkeit der Arbeit.

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