Illustrator Quentin Blake : Die Schönheit trister Farben
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Das Wesentliche ist sichtbar: Quentin Blake im Selbstporträt Bild: RDSC/QB 2022
Er verlieh Roald Dahls Figuren ihre Gestalt und gab Michael Rosens Trauer um seinen Sohn ihre Farben: Der große Illustrator Quentin Blake wird neunzig.
Etwas auszulassen ist schwerer, als etwas ins Bild zu setzen, vor allem dann, wenn die Lücke hoch aufgeladen ist, weil alles auf das zuläuft, was fehlt. Acht Rahmen zeichnet Quentin Blake für eine Doppelseite in „Mein trauriges Buch“ von Michael Rosen, sieben davon zeigen wie in einem Fotoalbum einen Jungen: Als Baby wird er gebadet, als Kleinkind nimmt er am Picknick teil, später spielt er mit Freunden Fußball, liest, planscht im See, deklamiert vor Publikum, und immer, immer steht ihm ein zauberhaftes Lächeln im Gesicht, mal schmaler, mal breiter. Das achte Bild ist leer.
„Was fällt ihm ein, einfach so zu sterben“, steht ein Satz Michael Rosens darunter, aber die bildliche Gestaltung der acht Rahmen gehört ganz Quentin Blake. Besonders hier zeigt er, was auch die übrigen, gut 300 von ihm illustrierten Bücher prägt: Wer sich als Autor mit Blake einlässt (oder von ihm für eine solche Partnerschaft ausgewählt wird), bekommt einen Illustrator, der wach auf den Wortlaut eines Textes reagiert und ihn zum Ausgangspunkt eines eigenen Werkes macht. Nicht abgelöst von der Vorlage oder darauf bedacht, dass die Bilder den Text in den Schatten stellen, was gerade im Bilderbuch leicht geschieht. Sondern mit dem Willen und dem Vermögen, den Text weiterzuerzählen und dort zum Leuchten zu bringen, wo er das allein nicht kann.
Das bedeutet auch, dass sich Blake eher zurücknimmt, wo der Text an sich schon einprägsame Bilder findet, und die Illustrationen zu den Hauptwerken von Roald Dahl, die gerade in neuer Übersetzung auf Deutsch erschienen sind, zeigen das sehr gut. Seine Figuren sind mit wenigen Strichen voller Ausdruck, seine Farben sind ebenfalls ein Mittel der Charakterisierung, und seine Flächen deuten Glück und Verstörung wirkungsvoll an, ohne sich in den Vordergrund zu mogeln. Wer wissen will, was der verwaiste Vater in Rosens „Mein trauriges Buch“ sagen möchte, aber nicht sagen kann, findet die Antwort auch in den verschwindenden und wiederkehrenden Farben Blakes.
Der vielfach ausgezeichnete Künstler, der mit 16 Jahren seine erste Arbeit für den „Punch“ zeichnete, Literaturwissenschaft und Kunst studierte, ist als Kinderbuchillustrator unter seinen Kollegen so beliebt wie beim weltweiten Publikum. An diesem Freitag feiert er seinen neunzigsten Geburtstag.