
Der Dan Brown-Code : Top Secret
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So viel Geheimniskrämerei war selten. Dan Browns neuer Thriller bietet schon vor seinem Erscheinen in der nächsten Wochen Stoff für selbstgestrickte Legenden.
Es klingt wie aus einem Thriller von Dan Brown: Elf Menschen aus ganz Europa werden zwei Monate lang Tag für Tag in ein fensterloses Verlies gesperrt, irgendwo vor den Toren Mailands, von bewaffneten Schutzleuten bewacht. Wer den Bunker betritt, muss Handy und elektronische Geräte abgeben. Nur ein paar Zigaretten, immerhin, dürfen mitgenommen werden.
Rainer Schumacher, Alejo Montoto, Carole Delporte und wie die Männer und Frauen sonst noch heißen, die jeden Morgen aus einem abgelegenen Hotel abgeholt und spät am Abend dorthin zurückgebracht werden, schreiben in diesem Keller an einem Werk voller Geheimnisse und Codes. Darüber reden dürfen sie nicht. Und damit auch auf anderem Wege niemand etwas erfährt, sind die Computer versiegelt, die Geräte am Tisch festgeschraubt, und der Zugang zum Internet ist gesperrt. Jede noch so kleine Bewegung der elf Personen, vom „kurzen Spaziergang“ bis zum „Blick auf den Schnee“, wird vom Sicherheitsdienst zudem minutiös protokolliert. Die Männer und Frauen durften nicht einmal verraten, weshalb sie nach Italien geholt wurden. Also hat man ihnen für die Reise eine Legende gestrickt.
Übersetzer im Exil
Aber nun sind doch Nachrichten nach außen gesickert. Freilich nicht ohne Absicht. Denn in der kommenden Woche liegt vor, woran die elf gearbeitet haben. Sie sind die Übersetzer des jüngsten Falls von Robert Langdon, dem fiktiven Harvard-Symbologen mit der kriminalistischen Ader, den der Bestsellerautor Dan Brown nun zum vierten Mal ermitteln lässt. Hundertfünfzig Millionen Mal hat sich dessen „Da Vinci Code“ mittlerweile Land für Land und Kontinent für Kontinent verkauft. Diesmal aber holt der Verlag Doubleday zum Paukenschlag aus: „Inferno“, wie das neue Buch heißt, wird am kommenden Dienstag gleichzeitig überall auf der Welt erscheinen. Nur um die Geschichte bis dahin geheim zu halten, mussten sich die Übersetzer den drakonischen Maßnahmen unterwerfen.
Auf was sie sich einlassen würden, hatte wohl keiner von ihnen geahnt. Der deutsche Übersetzer nennt es eine sehr ungewöhnliche Erfahrung - „denn unser Beruf ist ein sehr einsamer“. Der Franzose verglich die Gruppe mit Seeleuten auf einem Boot. Einer vermisste seine Katze, die andere die „voll aufgedrehte Musik“, die sie zum Übersetzen unbedingt brauche, und alle fühlten sich von den nackten Füßen einer Kollegin gestört, die beteuerte, nur barfuß übersetzen zu können. Und so wurde aus dem, was sich zunächst anhörte wie das Drehbuch eines Thrillers, am Ende doch nur die Episode einer Seifenoper - oder wie immer die elf „Daily Soap“ übersetzt hätten.