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Schutz der Artenvielfalt : Damit das Plastik im Ozean nicht mehr Tiere tötet

  • -Aktualisiert am

Dafür sorgen, dass Plastik nicht mehr in den Mägen von Blassfuß-Sturmtauchern landen - auch das gehört zur Umsetzung des Weltnaturabkommens. Bei diesen Vögeln wurde kürzlich Plastikose diagnostiziert, eine durch Plastik ausgelöste Entzündung des Verdauungstrakts. Bild: dpa

Der Wille ist da, jetzt braucht es Regeln: Wissenschaftler und NGOs fordern präzise Instrumente, mit denen das im Dezember beschlossene Weltnaturabkommen von Montreal wirksam umgesetzt wird.

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          Johannes Vogel, Direktor des Museums für Naturkunde in Berlin, hat zum Termin eine Vitrine mit ausgestopften Blassfuß-Sturmtauchern mitgebracht. An diesen Meeresvögeln wurde nämlich gerade die erste durch verschluckte Plastikteile verursachte Krankheit nachgewiesen: Plastikose, Entzündungen im Verdauungstrakt, die auf Dauer das Gewebe vernarben und verformen und zum Tod der Vögel führen können.

          Petra Ahne
          Redakteurin im Feuilleton.

          Dass Plastik sich nicht mehr in den Ozeanen ansammelt und Tiere gefährdet, ist implizit ein Ziel des im Dezember verabschiedeten Weltnaturabkommens von Montreal, das den Rückgang der Artenvielfalt bis zum Jahr 2030 stoppen soll. Was geschehen muss, damit die dreiundzwanzig ehrgeizigen Ziele auch umgesetzt werden, haben Vertreter deutscher Wissenschafts- und Nichtregierungsorganisationen am Montag im Berliner Naturkundemuseum formuliert. Die Vogelpräparate illustrierten dabei die Komplexität der Aufgabe, zu der auch gehört, Wirtschafts und Produktionsweisen so zu verändern, dass am Ende kein Plastik mehr in Mägen von Blassfuß-Sturmtauchern landet.

          Die Wirtschaft will Regeln

          Josef Settele, Departmentleiter am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung und Mitglied im Expertengremium des Weltbiodiversitätsrates, dessen Empfehlungen die Grundlage für das Weltnaturabkommen bildeten, sagte, Montreal habe erfolgreich gezeigt, wie wissenschaftliche Erkenntnisse in Politikprozesse münden können. Verbesserungen brauche es nun vor allem im Monitoring – also bei den Instrumenten, mittels derer sich überprüfen lässt, inwieweit die 196 Vertragsstaaten das Abkommen umsetzen.

          Die ungenügende Formulierung präziser, global anwendbarer Indikatoren – zum Beispiel Satellitendaten zu Habitatveränderungen – gilt als einer der Schwachpunkte des Abkommens. Ein anderer ist, dass es die Staaten nicht verpflichtet, ihre Anstrengungen beim Erreichen der Naturschutz-Ziele gegebenenfalls zu erhöhen. Unternehmen erwarteten nun klare Regularien, sagte Tobias Raffel vom FUTURE Institut für nachhaltige Transformation der Berliner Wirtschaftshochschule ESMT.

          Abhängig von den Leistungen der Natur

          Die Biodiversitätskonferenz von Montreal sei ein Weckruf für die Wirtschaft gewesen – auch wegen Zahlen wie der, dass die Hälfte des globalen Bruttoinlandsproduktes von Leistungen der Natur abhängt. Man beschäftige sich jetzt sowohl damit, wie das eigene Tun von diesen Leistungen abhängig ist, als auch damit, wie es die Biodiversität beeinflusst. Positiv hob Raffel hervor, dass die EU bereits Regularien verabschiedet habe – wie die neue Richtlinie, die die Berichtspflicht von Unternehmen zu Nachhaltigkeit deutlich ausweitet; oder die Verordnung über entwaldungsfreie Lieferketten.

          Besonders Wälder in den Tropen werden aufgrund der Nachfrage vor allem auch aus EU-Ländern für die Landwirtschaft gerodet – dort, wo die Biodiversität am größten ist. Deutschland liegt im Biodiversitäts-Ranking auf Platz 123. Hier käme es bei den Schutzgebieten – ein wichtiges Element des Weltnaturabkommens – mehr auf Qualität als auf Quantität an, sagte Christof Schenk, Direktor der Frankfurter Zoologischen Gesellschaft, die weltweit Wildnisgebiete betreut.

          Dreißig Prozent der Fläche als Schutzgebiete auszuweisen, wie es das Abkommen vorsieht, sei in Deutschland wohl nicht möglich, „ohne sich in die Tasche zu lügen“ – also etwa Landschaftsschutzgebiete mit aufzunehmen, die zwar jetzt schon den „Schutz“ im Namen tragen, in denen es aber für die Landwirtschaft kaum Auflagen gibt. Deutschlands neue Biodiversitätsstrategie wird präzisieren, wie der Vertrag von Montreal hierzulande umgesetzt werden soll. Sie wird in ein paar Wochen vorgestellt.

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