Wer nicht da ist, kann auch nicht stören
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Deutsche Hochschulen werden in diesem Sommer wohl weitgehend leer bleiben Bild: dpa
In manchen Bundesländern ist den Hochschulen die Präsenzlehre wieder erlaubt. Doch sie zögern. Wird die Pandemie für die Aushöhlung der Präsenzuniversität genutzt?
Am schönsten ist es doch zu Hause. Für eine Lebensperiode, die für Aufbruch, Entdeckung und Unabhängigkeit steht, ist das eigentlich eine kuriose Formel. Wer wird später von einer Zeit schwärmen, die er im Wohnheimzimmer verbracht hat? Derzeit sieht es danach aus, als müssten sich Studenten noch eine Weile gedulden, bis sie wieder in die Seminare dürfen. In einigen wenigen Bundesländern ist Präsenzlehre wieder erlaubt. Doch die Hochschulen zögern. Die Universität Münster hat den Präsenzbetrieb gerade bis zum Ende des Sommersemesters ausgesetzt. Die einsame Entscheidung des Rektorats wurde dem Vernehmen nach einer „Dekanerunde“ vorgestellt, die sie noch abnicken durfte. Auch die hessischen Hochschulen, die wieder Präsenz zeigen dürfen, geben sich zurückhaltend. Während die Flexibilität beim spontanen Aufbau der Digitallehre allenthalben gelobt wird, scheint die Flexibilität der Präsidien und Rektorate beim Wiedereinstieg in die Präsenzlehre begrenzt.
Auch wenn sich die Stimmen mehren, die gegen alle Vernunft auf schrankenlose Selbstbestimmung pochen, irritieren die Entscheidungen: Traut man Studenten und Dozenten anders als Schülern nicht zu, den angemessenen Abstand einzuhalten? Lassen sich Seminare nicht ebenso krisengerecht organisieren wie Gottesdienste oder Restaurantbesuche? Bieten die großen Hörsäle nicht ideale Ausweichmöglichkeiten für Seminare? Der Eindruck drängt sich auf: Man darf, aber will nicht.
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