Einfalt statt Vielfalt
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Auch unter der Regenbogenfahne gibt es widerstreitende Interessen Bild: AFP
Lesben- und Schwulenverbände waren Vorkämpfer eines freien Lebens, bis sie in linksidentitäres Fahrwasser gerieten. Heute sind sie Hochburgen von Denunziation und Gegenaufklärung. Ein Gastbeitrag.
„I am what I am, and what I am needs no excuses.“ Gloria Gaynors Adaption aus dem Musical „Ein Käfig voller Narren“ wurde 1984 zu einem Welterfolg – und zur internationalen Hymne der Schwulenbewegung. Die Botschaft war gerade in ihrer Schlichtheit überzeugend: jeder nach seiner Façon, keiner soll sich entschuldigen für sein „So-Sein“, niemand soll mit den Wölfen heulen müssen.
Vierzig Jahre später propagieren Lesben- und Schwulenverbände das Gegenteil: Entschuldigen sollen sich nun allerdings die „Anderen“, diejenigen, die man eher abschätzig als „cis-gender“ oder „heteronormativ“ bezeichnet. Jedenfalls dann, wenn sie nicht jede Verbandsforderung willfährig unterstützen, wenn sie Kritik üben, aus der Reihe tanzen, einen eigenen Kopf beweisen. Die Reihe derjenigen, die sich dieses „Vergehens“ schuldig gemacht haben, wird immer länger. Zu ihnen gehören Birgit Kelle, Joanne K. Rowling und Jan Feddersen, neuerdings auch Gesine Schwan, Wolfgang Thierse und Feuilleton-Chefin Sandra Kegel. Organisationen, die Vielfalt predigen, produzieren nur noch Einfalt. Statt den Diskurs zu suchen, auf Kritik mit Argumenten zu antworten, besteht man auf Unterwerfungsgesten. Wer sich nicht beugt, muss mit Ausladung, Ausgrenzung und öffentlicher Denunziation als homo- oder transphob, AfD-nah rechnen.
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