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Die Grünen : Wie man Insekten schützt und zugleich verzehrt

Enden diese Zikaden auf unseren Tellern? Der Trend geht zur insektenbasierten Nahrung. Bild: Picture Alliance

Nahrung aus Käfern und Heuschrecken soll den Hunger in der Welt besiegen, sagen die Grünen. Zugleich versichern sie Insekten ihre umfassende Solidarität. Passt das zusammen?

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          Dass wir eines Tages über die Heuschreckenschwärme herfallen werden wie umgekehrt diese über unsere Felder, scheint ausgemachte Sache. Nicht zuletzt die Grünen sind eifrig dabei, uns Insekten schmackhaft zu machen, und seit Kurzem dürfen außer Wanderheuschrecken und Mehlkäferlarven nun auch Hausgrillen zu Lebensmitteln verarbeitet werden. Dass da nicht jeder ohne Bedenken zugreifen mag, ja, dass in Gestalt des bayerischen Wirtschaftsministers Hubert Aiwanger der insektenbasierten Speise derzeit ein lautstarker Gegner erwachsen ist, liegt vielleicht an Namen wie „Getreideschimmelkäfer“, dessen Lar­ven eben­falls als zum Verzehr geeignet deklariert worden sind.

          Andere Teile der Welt sehen das bekanntlich entspannter; vielleicht ist der Verzehr von Heuschrecken auch eine Frage der Gewöhnung. Der grüne Ministerpräsident von Baden-Württemberg, neumodischer Ideen eigentlich unverdächtig, hat derlei schon probiert, wie er sagt, auch wenn er sich nicht mehr genau erinnern könne, welches Insekt er verzehrt habe und auch der Geschmack nicht weiter auffällig ge­we­sen sei. Aber es sei eben „vernünftig“, sich so zu ernähren, und besser könnte man den Unterschied zwischen Heuschrecken und Schokoriegeln kaum auf den Punkt bringen.

          Die Killer-Hornissen sind da!

          Nun sind sich Vernunft und Moral nicht immer grün, und auch Insekten haben Rechte. Unter der Überschrift „Killer-Hornissen fressen unsere Bienen“ berichtet die „Bild“-Zeitung jetzt von grausamen Überfällen, verübt durch „eine invasive Hornissen-Art aus Asien“, die Bienen Kopf, Rumpf und Flügel abbeißt, um sie an den eigenen Nachwuchs zu verfüttern.

          Nein, so wie diese Hornissen möchte man nicht sein, und schon gar nicht möchte man auf diese Weise öffentlich angeprangert werden. Und waren es nicht wiederum die Grünen, die schon 2017 in Gestalt von Katrin Gö­ring-Eckardt das vielbeachtete Versprechen abgaben, dass „jede Biene und jeder Schmetterling weiß: Wir werden uns weiter für sie einsetzen“? Auf welchem Weg diese Botschaft die Bienen, Schmetterlinge und andere Insekten erreichen soll, bleibt einstweilen das Geheimnis der Grünen, denn der traditionelle Kommunikationsweg der Bienen verlangt die Be­herr­schung komplizierter Tanzbewegungen. Eurythmielehrer könnten da vielleicht helfen. Nur ist es nicht damit getan, den eigenen Namen zu tanzen und den der Biene gleich mit. Man müsste den Insekten auch erklären, dass „sich einsetzen“ und „aufessen“ manchmal ganz nah beieinander ist.

          Tilman Spreckelsen
          Redakteur im Feuilleton.

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