Ein Paar spaziert durch eine edle Einkaufsstraße. Der Mann bleibt vor einem Schaufenster stehen und betrachtet ein Jackett mit Fischgrätmuster. Die Frau sagt: „Das ist nicht deine Preisklasse.“ Vor zwei Jahren verschwindet das Gedicht „avenidas“ von einer Hauswand der Alice-Salomon-Hochschule in Berlin, weil Studierende die Zeilen als sexistisch empfinden. Eine in Deutschland geborene Frau mit Migrationshintergrund, die als Autorin arbeitet, erntet zuverlässig Staunen, weil sie so gut Deutsch spricht. Irgendwann platzt Ferda Ataman der Geduldskragen und sie schreibt das Buch: „Hört auf zu fragen. Ich bin von hier“.

Redakteurin im Feuilleton.
Der Duden definiert Kränkung als „Verletzung der Gefühle oder des Selbstgefühls eines anderen“. Über die Macht dieser Verletzung, die man unzählige Male in seinem Leben erleidet, privat und beruflich, und die man selbst bewusst oder unbewusst anderen zufügt, verrät die Definition nichts. In der Liebe ist man besonders kränkbar. Man öffnet sich einem anderen Menschen, der die wunden Stellen kennt, auf die er im Gefecht zielen kann. In Mascha Kalékos Gedicht „Kleine Auseinandersetzung“ heißt es: „Du hast mir nur ein kleines Wort gesagt, und Worte kann man leider nicht radieren. Nun geht das kleine Wort mit mir spazieren. Und nagt.“ Dieses Nagen lässt sich sogar im Gehirn nachweisen, denn Kränkungen aktivieren unser Schmerzsystem.
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