Die Worte bleiben aktuell
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Das Prinzip des freien Gedankenverkehrs in der europäischen Gelehrtenrepublik muss sie irgendwie missverstanden haben: Ulrike Guérot Bild: dpa
Mit fremden Gedanken für die europäische Republik: Auch in Ulrike Guérots Bestseller von 2016 finden sich Plagiate. Sie haben Methode. Ein Gastbeitrag.
Für Seminare über wissenschaftliche Arbeitstechniken sucht man immer wieder nach Anschauungsmaterial, auch in Bezug auf verschiedene Formen des Plagiierens. Mit seiner ersten Dissertation hat es Karl-Theodor zu Guttenberg geschafft, die Maßstäbe zu verrücken. Sein seitenweises Kopieren fremder Texte ist eher die Ausnahme. In der Regel werden Verschleierungstechniken angewandt. So auch in einem aktuellen Fall. Nachdem im Bestseller „Wer schweigt, stimmt zu“ der Bonner Professorin Ulrike Guérot Plagiate aufgefallen sind, die der Verlag als „Flüchtigkeitsfehler“ abtut, gibt die Beschäftigung mit einer anderen Publikation der Politikwissenschaftlerin Aufschluss über das Methodische ihres Vorgehens. Ihr Buch „Warum Europa eine Republik werden muss! Eine politische Utopie“ erschien im Jahr 2016 im Dietz-Verlag, wurde anschließend bei Piper als Taschenbuch aufgelegt, in das Programm der Schriftenreihe der Bundeszentrale für politische Bildung aufgenommen sowie in mehrere Sprachen übersetzt. Es enthält, trotz eines Fuß- beziehungsweise Endnotenapparats, Plagiate aller Art – und fand sich ebenfalls auf Bestsellerlisten.
Als zumindest ungewöhnlich muss zunächst bezeichnet werden, dass die Autorin in Fußnote 165 (Teil 2) einen von ihr benutzten Autor um Entschuldigung bittet wegen der „nicht akkurat wissenschaftlichen Form der Wiedergabe“ entlehnter Formulierungen. Auf den Seiten 193 bis 196 des Buches hat Guérot nach eigenen Angaben „große und teilweise über mehrere Sätze wörtliche Anleihen genommen“ aus einem Deutschlandfunk-Essay von Mathias Greffrath, die „nicht im Einzelnen markiert sind, da ich sie jeweils geringfügig modifiziert oder anders in meinem eigenen Text zusammengestellt habe“.
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