
Das große Zaudern
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Die Apathie auf den Punkt gebracht: Nach dem Applaus für die tapferen Ukrainer geht die deutsche Politik zur Tagesordnung über. Bild: Daniel Pilar
Die Zaghaftigkeit der deutschen Politik ist ein Egoismus, der sich als Klugheit nur tarnt. Ein Nationalismus, der zwar auf Fahnen verzichtet – aber sich nicht weniger auf die vermeintlich eigenen Belange konzentriert.
Es sah wie ein starkes Signal aus, als Bundeskanzler Olaf Scholz vor drei Wochen ankündigte, 100 Milliarden Euro in die Bundeswehr zu investieren, wie ein Beweis dafür, dass seine Regierung auf die Invasion Russlands nicht nur mit großen Worten von der „Zeitenwende“ antworten würde, sondern mit einer Demonstration der Handlungsfähigkeit, die man in einer chronisch von Sachzwängen und Machbarkeitsdebatten bestimmten Politik kaum für möglich gehalten hätte.
Die öffentliche Begeisterung für die spontane Militarisierung war so enorm, dass jede Diskussion über die Rechtmäßigkeit dieses Dezisionismus und über die Überrumpelung des Parlaments ausblieb. Und sogar die friedliebenden Deutschen, nach Umfragen bisher immerhin Pazifismus-Vizemeister in Europa, schluckten die Aufrüstungspläne – vor allem deshalb, weil sie sie als Solidaritätsbekundung an die Ukraine verstanden. So aber war das nie gemeint. Es ging weniger um Hilfe für die Ukraine, sondern um die eigene Wehrhaftigkeit. Um Deutschland first.
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