Thatcher-Biograph Moore : Sie liebte es, schockiert zu werden
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Vertrauensverhältnis der pragmatischen Art: Margaret Thatcher 1995 im Gespräch mit ihrem späteren Biographen Charles Moore Bild: Nick Rogers / Rex Features
Ihre einzige Bedingung war, dass sein Buch nicht zu ihren Lebzeiten erscheinen durfte: Margaret Thatcher erwählte Charles Moore schon früh zu ihrem Biographen. Jetzt liegt der erste Band vor. Ein Interview.
Können Sie sich an Ihre erste Begegnung mit Margaret Thatcher erinnern?

Feuilletonkorrespondentin mit Sitz in London.
Als politischer Journalist habe ich sie seit dem Wahlkampf von 1983 begleitet. Aber richtig begegnet bin ich ihr erst 1985 bei einem Abendessen im Unterhaus unmittelbar nach dem britisch-irischen Ankommen. Ich hatte sie dabei deswegen angegriffen und gefragt, warum sie, nachdem sie gerade erst die Falkland-Inseln zurückerobert hatte, nun bereit sei, die britische Souveränität in Irland aufzugeben. Sie hatte heftig reagiert. Aber obwohl sie zornig war, hat sie mir die Herausforderung nicht übelgenommen, sie schien ihr sogar Spaß zu machen. Damals fiel mir auf, wie nervös die Abgeordneten in der Runde waren. Ich konnte freier reden, weil meine Karriere nicht von Margaret Thatcher abhing. Das war auch mein Vorteil als Biograph. Natürlich war ich im Großen und Ganzen auf ihrer Seite. Ich gehörte aber nie zu ihrem inneren Kreis.
Wie kam es, dass Sie als offizieller Biograph eingesetzt wurden?
Zunächst ging es um die Frage, was mit Margaret Thatchers Papieren geschehen sollte. Eine amerikanische Universität hatte ihr einen großen Betrag dafür angeboten. Stattdessen hatte sie beschlossen, die Dokumente der Nation zu geben - nicht als Schenkung, sondern als Dauerleihgabe. Da Oxford ihr den Ehrendoktor verweigert hatte, gab sie die Sammlung dem Churchill College in Cambridge in Verwahrung. Als dies alles geregelt wurde, haben Frau Thatchers Berater sie darauf hingewiesen, dass die Abfassung einer Biographie unvermeidlich sei. Sie legten ihr nahe, dafür jemanden auszusuchen, dem sie vertrauen könne. Ich habe mich nie beworben und wusste auch nichts von den Überlegungen. Sie hat sich netterweise an mich gewendet. Das war 1997.
Wurden Ihnen außer der Auflage, dass das Buch nicht zu Margaret Thatchers Lebzeiten erscheinen dürfe, andere Konditionen auferlegt?
Sie hat mir unbeschränkten Zugang zu sich, ihrer Familie und ihren Papieren gewährt und alle, die mit ihr verbunden waren, ermutigt, mit mir zu reden. Das war sehr wichtig, weil viele bis dahin zum Schweigen verpflichtet gewesen waren, insbesondere die verschiedenen Sekretäre, Chauffeure und Polizisten und vor allem ihre Schwester. Sie hat auch den Kabinettssekretär gebeten, mir Einsicht in Regierungspapiere zu gewähren, die unter der Dreißig-Jahres-Frist noch nicht freigegeben waren. Ich erhielt den Status eines offiziellen Regierungshistorikers, obwohl ich das nicht bin. Das heißt nicht, dass ich einfach aus den Dokumenten zitieren dürfte, aber ich habe eine Zugangsermächtigung und kann alles einsehen.
Als ich mit dem ersten Band der Biographie fertig war, musste ich die relevanten Stellen des Manuskriptes zur Prüfung vorlegen. In 99,8 Prozent der Fälle war alles in Ordnung. Ich musste bloß Sachen entfernen, die mit der operativen Seite des Geheimdienstes zu tun hatten, Codenamen zum Beispiel. Jedenfalls nichts Wichtiges. Außerdem hat Margaret Thatcher bestimmt, dass sie das Buch nicht lese. Sie wollte nicht in den Verdacht geraten, den Inhalt kontrolliert oder gar zensiert zu haben. Zu meiner Überraschung hat sie tatsächlich nie versucht, Einfluss zu nehmen. Sie hat nie gesagt: „Sie müssen das oder das reintun“, oder gefragt: „Was haben Sie geschrieben?“ Nachdem sie beschlossen hatte, dass es sein musste, war sie mir behilflich, aber ausgesprochen uninteressiert. Aus meiner Sicht war das sehr gut.
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