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Steigende Infektionszahlen : Fragile Lage

Versuch der späten Eindämmung: Indien hat als drittes Land mit seinen Covid-19-Infektionszahlen die Millionenmarke überschritten. Bild: AFP

Die Pandemie macht keine Sommerpause: Während hierzulande die Risikowahrnehmung weiter abnimmt, zeigen die internationalen Zahlen, dass der Kampf gegen Covid-19 lange nicht vorbei ist.

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          Knapp vier Monate ist es nun her, dass in Deutschland im Kampf gegen die Covid-19- Pandemie ein umfangreiches Kontaktverbot ausgerufen wurde und der normale Alltag zum Stillstand kam. Mittlerweile aber ist der Ausnahmezustand weitgehend sommerlicher Entspanntheit gewichen. Die Zahl täglicher Neuinfektionen erscheint mit einigen hundert Fällen hierzulande kontrollierbar, das individuelle Risiko minimal. Viele sind schon versucht, über die Pandemie nur noch in der Vergangenheitsform zu diskutieren.

          Die internationalen Zahlen zeichnen indes ein anderes Bild: Fast 14 Millionen Infizierte werden weltweit gezählt, die Zahl der bestätigten Toten nähert sich den 600 000. Die Vereinigten Staaten melden immer neue Rekordzahlen. Brasilien hat bei der Zählung seiner Infizierten die Zwei-Millionen-Marke überschritten, auch in Indien explodieren die Fallzahlen. Die Pandemie ist nach wie vor in vollem Gange, auch wenn es uns hier nicht immer leichtfällt, die internationalen Katastrophenmeldungen mit unserer eigenen im Großen und Ganzen so ruhig verlaufenden Pandemiesituation zusammenzubringen – ein perspektivisches Problem, das uns, nebenbei bemerkt, seit Beginn der Covid-19-Krise begleitet.

          Daran ändern auch Länder wie Israel oder Luxemburg wenig, deren neuerlich steigende Infektionszahlen verdeutlichen, wie fragil der Zustand vermeintlicher Kontrolle bleibt, bis eine effektive Impfung verfügbar sein wird. Dabei können wir an diesen Ländern sehen, wie präsent die Gefahr neuer Ansteckungswellen auch dann ist, wenn unsere Risikowahrnehmung ermüdet ist – nicht zuletzt weil wir die immer neuen Zahlen und Covid-19-Fakten schon nicht mehr hören wollen.

          Das Virus schert unsere Ermüdung wenig, seine ungebremste Ausbreitung demonstriert das in aller Deutlichkeit. Je länger es wütet, desto klarer wird zudem, welch dramatische Wirkung es im menschlichen Körper, selbst ohne Todesfolge, entfalten kann. Der Kampf gegen die Pandemie ist lange nicht vorbei. Umso mehr und umso verantwortungsbewusster sollten wir die sommerliche Ruhe in Deutschland genießen.

          Sibylle Anderl
          Redakteurin im Feuilleton, zuständig für das Ressort „Natur und Wissenschaft“.

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