Soziale Netzwerke : Auf Facebook kannst du nichts löschen
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Mark Zuckerberg teilt sein Leben vielleicht gerne der Welt mit. Andere behalten es lieber für sich Bild: dapd
Ich habe die Probe aufs Exempel gemacht und wollte wissen, was Mark Zuckerbergs Datenimperium über mich weiß. 1222 Seiten umfasst meine Akte. Alles, was gestrichen sein sollte, ist noch da.
Ich teile, also bin ich. So könnte das Motto auf Facebook lauten. Wer nicht permanent persönliche Informationen auf die Seite stellt, geht auf Facebook unter. Man demonstriert online gegen die Kürzungen im Bildungsbereich, denn draußen regnet es. Als Regenprogramm bietet sich auch das Fitnessstudio an: „19:23 - Peter ist im Gym“ wird auf Facebook vermerkt.
Täglich wird über Banalstes berichtet und mit Bildern, Markierungen und genauen Ortsangaben versehen. Doch selbst wenn wir dem Geltungsdrang widerstehen und wenig Daten aktiv eingeben, analysiert Facebook unser Verhalten im Internet. Auch wenn wir nie irgendwelche Ortsangaben machen, errechnet Facebook unsere letzte Position. Facebook ruft auch unsere Freunde zum Eingeben unserer Daten auf - natürlich ohne uns zu fragen. Selbst bei persönlichen Nachrichten liest einer immer mit: Facebook. Damit erzeugt Facebook Profile von Nutzern, ebenso wie von Personen, welche noch nie auf Facebook waren. Facebook weiß Dinge, die wir nie preisgeben wollten.
Wenn der beste Freund „Facebook“ heißt
So sammelte Facebook in nur drei Jahren 1222 Seiten an persönlichen Daten über mich. Viele der Informationen sind mit Vermerken wie „Deleted true“ als gelöscht gekennzeichnet, doch Facebook vollzieht diese Löschungen nicht. Wer auf Facebook etwas „löscht“, versteckt die Daten meist nur vor sich selbst. Viele weitere Daten über mich gibt Facebook nicht heraus, da sie dessen „geistiges Eigentum“ oder „Betriebsgeheimnis“ sind oder einfach „zu schwer zuzuschicken“, obwohl jedermann ein Recht auf eine Kopie der Daten hat. Stutzig macht einen, dass es sich hier zufällig um die besonders heiklen Daten handelt.
In 57 zugeschickten Kategorien findet sich Banales neben höchst Sensiblem. Man kann lesen, wo ich studiere, aber auch, bei welcher Demonstration ich vor zwei Jahren war. Auf einen Klick findet man meine Reisefotos und wo ich bei der letzten Wahl mein Kreuz gemacht habe. Schnell findet man meine Schule und Diskussionen über meine Liebesleben oder über psychische Krankheiten von Freunden. Facebook weiß, dass ich manchmal Artikel auf dem Online-Portal einer bestimmten Tageszeitung gelesen habe, jedoch weiß Facebook nicht, dass ich fast täglich im Café Ritter zu einer Melange die Zeitung lese. Es weiß nicht, wer meine Eltern sind, und es weiß nicht, dass ich kein Auto, dafür aber ein Fahrrad habe.
Facebooks Wissen ist also auf meine Online-Aktivitäten, meine Verbindungen und den Inhalt meiner Kommunikation beschränkt. Nicht umsonst sind genau diese Bereiche jene, welche von Geheimdiensten gesammelt werden. Meine Akte bei Facebook ist umfangreich wie eine dicke Stasi-Akte. Facebook weiß in etwa so viel über mich wie mein engster Freundeskreis - nur dass Facebook alles andere als ein Teil meines Freundeskreises ist.
Information ist Macht. Information über eine Person ist Macht über diese Person. Facebook hat so viele Informationen über uns wie wenige andere Institutionen. Facebook verfügt über sein Machtpotential, besonders dadurch, dass es ein Monopol im Bereich der sozialen Netzwerke innehat. Denn: Wo gehen Sie hin, wenn Ihnen Facebook zu gruselig wird? Die Macht von Facebook wird dem Einzelnen erst bewusst, wenn sie gebraucht oder gar missbraucht wird. Dann ist es aber üblicherweise zu spät.
Die Toten werden auf dem digitalen Friedhof begraben
Es mag den einen oder anderen ein mulmiges Gefühl beschleichen, wenn man passend zur Nachricht über eine Reise nach Thailand die entsprechende Werbung eingeblendet bekommt. Denn Facebook analysiert alle unsere Nachrichten, ähnlich, als würde die Post alle Briefe öffnen, speichern und analysieren. Andere mögen sich bevormundet fühlen, wenn Facebook den Nutzern nur noch Nachrichten von Freunden anzeigt, welche Facebook für relevant hält. „Ein totes Eichhörnchen in deinem Garten kann für dich relevanter sein als tote Menschen in Afrika“, sagt der Facebook-Gründer Mark Zuckerberg. Die Entscheidung, was für uns relevant ist, übernimmt der Sozial-Netzwerk-Konzern.