Valentin-Karlstadt-Musäum : In München steht ein Dada-Haus
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Universalkünstler: Zum 75. Todestag Karl Valentins gibt es in München die Ausstellung „Krautwurst und Weisswickel“ zu sehen Bild: Picture Alliance
Zwei Alphatiere im Valentin-Karlstadt-Musäum: Der bayerische Ministerpräsident und der Münchner Oberbürgermeister demonstrieren Harmonie. Um Kunst geht es dabei nur am Rand.
Das Gerücht, dass er bei der fränkischen Fastnacht in Veitshöchheim als Karl Valentin auftauchen würde, waberte durch die langen Flure der Bayerischen Staatskanzlei. Immerhin hatte Ministerpräsident Markus Söder ein „Revival“ angekündigt, er würde diesmal wieder verkleidet erscheinen. Was er auch tat, aber nicht als Hochkomiker, sondern als biblischer Stammesältester. Am Tag davor, bei seinem ersten Besuch im Valentin-Karlstadt-Musäum im Südturm des Isartors kommt der MP, wie ihn die Wirtin des Turmstüberls, Bernadette Obergrußberger, ankündigt, noch als Söder verkleidet – im schwarzledernen Winterstoiber mit schwarzem Rollkragenpullover.
Er tut dies zum Gedächtnis des fünfundsiebzigsten Todestages des Münchner Originalgenies Karl Valentin. Der starb am 9. Februar 1948 elend und einsam in Planegg. In jenem Jahr war das der Rosenmontag. Ein bayerischer Schicksalstag, vor zehn Jahren verkündete Benedikt XVI. am Rosenmontag seinen Rücktritt.
Mit dabei der Hausherr des städtischen Museums, Oberbürgermeister Dieter Reiter: Treffen sich zwei am Isartorplatz. Beide Herren in aufgeräumter Stimmung, beide mit kurzen Anmarschwegen, beide vereint in ihrer Verehrung für Valentin und seine Partnerin Liesl Karlstadt. Im ersten Stock des Museums, arg beengt zwischen den Exponaten, eine launige Pressekonferenz, sehr zur Freude von Museumschefin Sabine Rinberger, die gar nicht weiß, wie ihr geschieht – so viel Aufmerksamkeit bekommt ihr Haus sonst nie.
Er hätte mehr Wertschätzung verdient
Der Mittelfranke Söder spricht über „Wallendin“, seine Oma hätte ihn vor dem Fernseher mit Klassikern wie der „Orchesterprobe“ zum Fan erzogen. Damals sei Valentin ständig im bayerischen Fernsehen gelaufen, jetzt leider nicht mehr. Dabei sei er ein Mann, der in einer „disruptiven Zeit“ gelebt, der alles aus sich selbst geschöpft habe. Und der nach dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr Tritt fassen konnte.
Valentin „hätte viel mehr Wertschätzung verdient“, davon ist der MP überzeugt, denn er sei „ein ziemlich cooler und schlauer Mensch“, „ein Musterbayer“ gewesen, der heute Preise bekommen würde, vielleicht sogar als Fastenprediger am Nockherberg und als Redner in Veitshöchheim vorstellbar sei, träumt Söder den unmöglichen Traum weiter: „Wir würden ihn nach Berlin schicken“ – um den Preußen zu erklären, was Bayern ist.
Man könne freilich auf die Idee kommen, dass Valentin sich niemals von der Obrigkeit irgendwohin hätte schicken lassen. Das schwant auch Söder, der sich dazu hinreißen lässt, diesem Stamm auch „Hinterfotzigkeit“ zu attestieren. Kulanter formuliert: „Bayern liebt generell die Anarchie.“ Vermutlich deswegen wird Söder die Landtagswahl im Oktober wieder für sich entscheiden.
Wortklauber oder Wortglauber?
Oberbürgermeister Reiter beschreibt Valentin als „begnadeten Wortklauber“, da er das münchnerisch korrekt wie „Wortglauber“ ausspricht, erzeugt er eine hübsche Doppelsemantik. Und der Journalistenpulk freut sich über die ostentativ zur Schau gestellte Harmonie von MP und OB, man habe in der Pandemie gut zusammengearbeitet.