Die große Intransparenz
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Bundeskanzlerin Angela Merkel am 10. Februar 2021. Bild: Reuters
Wir wissen zu wenig über das Virus. Aber wir wissen noch weniger darüber, wie Expertenwissen politische Entscheidungen beeinflusst.
Wir wissen immer noch zu wenig. Wir wissen nicht genug darüber, wo Menschen sich mit dem Coronavirus anstecken, wie sie sich anstecken, warum sich innerhalb von Familien einige anstecken und andere nicht. Wir haben kaum Informationen darüber, in welchen Berufsgruppen das Virus besonders verbreitet ist. Und das, so kritisierten es zuletzt gleich mehrere Wissenschaftler, liege nicht nur daran, dass zu wenige Datenerhebungen oder bundesweites Monitoring stattfänden. Es liege auch an einer unzureichenden Zusammenarbeit der wissenschaftlichen Disziplinen untereinander.
So forderte der Epidemiologe Klaus Stöhr in einem Papier der „Arbeitsgruppe Covid-Strategie“ vor einer Woche mehr interdisziplinären Austausch, also Teams mit „konträren Positionen und alternativen Herangehensweisen“, aus denen die Politik ihre Entscheidungen ableite; diesen wissenschaftlichen Diskurs sehe er bisher nicht, sagte Stöhr dem „Spiegel“. Der Soziologe Wolfgang Streeck beschwerte sich in einem Beitrag für die F.A.Z., dass für die Pandemie nach allgemeiner Ansicht die Virologen zuständig seien, vielleicht noch Physiker und Mathematiker – Soziologen aber seiner Meinung nach nicht genug gefragt würden, weshalb wir auch „nichts über die Sozialstruktur des ,Infektionsgeschehens‘“ wüssten. Jürgen Renn, Direktor am Max-Planck-Institut für Wissenschaftsgeschichte in Berlin, wünschte sich, dass eine besser vernetzte „Wissenschaft gegenüber der Gesellschaft mit einer Stimme sprechfähig würde, etwa in Gestalt einer an dieser Aufgabe ausgerichteten Nationalakademie“, der Natur-, Gesellschafts- und Geisteswissenschaften angehörten.
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