Wie man den Infokrieg gewinnt
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Präsident Wolodymyr Selenskyj, bei seiner Rede vor dem EU-Parlament Bild: dpa
Der ukrainische Präsident Selenskyj hat mit seinen Videobotschaften und Auftritten vor den Parlamenten ein neues Genre der politischen Kommunikation geschaffen. Jetzt gibt es ein neues Wir, das die Ukraine vielleicht retten könnte.
Eine Anekdote aus Präsident Selenskyjs Schulzeit erzählt von einem Sketch-Wettbewerb, bei dem Lehrer gegen Schüler antraten. Wolodymyr Selenskyj, damals in der elften Klasse, war Kapitän des Schülerteams und äußerst siegessicher. Auf die Frage eines Lehrers, wie er dazu komme, antwortete er: „Weil ihr die Lehrer seid. Ihr könnt nur sagen, was ihr sagen dürft. Aber wir sind frei zu sagen, was wir wirklich wollen.“ Beim folgenden Turnier wählten die Lehrer ihre Worte wie immer mit Bedacht. Die Schüler hingegen waren wahrhaftig und vollkommen frei von Diplomatie. Sie gewannen haushoch.
Gut 28 Jahre später ist Wahrhaftigkeit, dosiert mit diplomatischem Gespür, zu Selenskyjs Markenzeichen geworden. Seit gut zwei Wochen hält er fast täglich per Videoübertragung Reden vor den Parlamenten dieser Welt, um die Mobilisierung für die Ukraine weiter anzukurbeln oder aufrechtzuerhalten: Selenskyj beschämt sein Publikum und macht es im nächsten Satz stolz, rührt an Ehre und Moral und beschwört die Verzweiflung seines Landes, ohne um Mitleid zu bitten oder sich selbst von seinen Emotionen davontragen zu lassen. Auch am 27. Tag des Krieges, es ist ein Mittwoch, zeigt er keinerlei Anzeichen von emotionaler Instabilität oder Frustration.
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