Im Studio von „RT deutsch“ : Mein Auftritt bei Putins Propagandasender
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Fußball als Nährboden für Patriotismus
Dann bin ich dran: Jasmin Kosubek stellt sich nicht vor, sagt nur: „Tolle Texte schreiben Sie, Olaf.“ „Hmmh“, sage ich und denke darüber nach, ob sie meine Geschichten über rechte Fans in Russland meint. Immerhin ist sie empathisch und merkt, dass mir an dem Vorgespräch nicht viel liegt. Schließlich sitzen wir uns im Studio auf zwei weißen Hockern gegenüber. Jasmin Kosubek blickt auf den Teleprompter, ich schaue sie an. Jasmin Kosubek liest hölzern ab: „Wir lieben alle Fußball. Und wenn Merkel, Gauck und Co. auf der Tribüne sitzen, wissen wir zwar, dass das auch ein bisschen PR ist. Aber die Leute freuen sich wirklich. Und Deutschland darf auch mal Flagge zeigen, wir dürfen auch mal stolz sein, vielleicht sogar etwas patriotisch, mit einer kleinen Nebenwirkung: Die ultranationalistischen Fußballfans, besonders auf Regionalebene, werden mit diesem Patriotismus gefüttert.“
Jetzt sehen wir das Bild von der Nationalmannschaft mit WM-Pokal vor dem Schloss Bellevue. Der Bundespräsident und die Bundeskanzlerin. Mesut Özil, Sami Khedira und Mats Hummels im feinen Zwirn. Darauf stellt mir Jasmin Kosubek die Frage: „Ist Fußball ein Nährboden für den Nationalismus?“
Die Flucht in Allgemeinplätze
Ich bekenne mich erst einmal selbst als Fan der Nationalmannschaft und als Fußballpatriot. Dann weise ich vorsorglich darauf hin, dass Rechtsextremismus und Ultranationalismus nichts mit der deutschen Nationalmannschaft zu tun haben, um schließlich (den guten Rat des Kollegen noch im Ohr) darauf abzustellen, dass solche Erscheinungen im russischen Fußball noch viel stärker sind als in Deutschland: „Bei Zenit St.Petersburg zum Beispiel gibt es sehr viele Ultranationalisten, die dort aktiv sind.“ Ob sich der Kreml-Chef und Anhänger des Gasprom-Werkclubs Zenit das hier anschaut?
Jasmin Kosubek macht weiter im Text, mit einem harten Bruch, der die slawische Allianz zwischen Russland und Serbien stärken und die Position des Westens schwächen soll: Auf den Bildern der Ausschreitungen während eines Länderspiels zwischen Serbien und Albanien, ausgelöst durch eine nationalistische Fahne Großalbaniens, die an einer Drohne über das Spielfeld flog. „Das ist ja auch ein Ausdruck dieser Form des Nationalismus.“ Die junge Moderatorin will mich unbedingt auf das Minenfeld der ethnischen Konflikte zwingen. Ich soll wohl Klage gegen die albanischen Nationalisten führen. Ich flüchte mich in Allgemeinplätze.
Auf den Bildern im Netz sehe ich später die Skepsis in meinem Gesicht, die ich nicht verbergen wollte. In diesem Augenblick entscheide ich, keiner Einladung von „RT deutsch“ mehr nachzukommen, und jedem zu empfehlen, es ebenso zu halten, der auf seine journalistische, politische oder wissenschaftliche Integrität Wert legt.