Kolumne Import Export : Warum spricht im Wahlkampf keiner über Islamismus und Rechtsterrorismus?
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Polizisten bewachen die Synagoge in Hagen. Bild: dpa
Es ist erstaunlich, wie wenig Islamismus und Rechtsextremismus Themen in diesem Wahlkampf sind. Dabei brauchen wir dringend neue Brandschutzmauern.
Für Brandmauern gibt es klare Bauverordnungen, schließlich müssen sie was aushalten. Sie müssen dick sein und aus feuerbeständigen Baustoffen. Sie müssen mindestens bis ins Dachgeschoss reichen, damit das Feuer in einem Haus nicht auf das andere übergeht – Brandüberschlag nennt man das.
Es ist erstaunlich, wie wenig Islamismus und Rechtsextremismus Themen in diesem Wahlkampf sind, wenn man bedenkt, wie viele rechte und islamistische Terroranschläge es in den letzten Jahren allein in Deutschland gegeben hat. In den Wahlprogrammen finden sich zwar ein paar verstreute Sätze. Oft sind es aber nur die bekannten Floskeln: „Hass und Hetze haben hier keinen Platz“, von „klarer Kante“ und von der besagten „Brandmauer“ ist die Rede. Natürlich ist man für die offene Gesellschaft, aber es bleibt unbeantwortet, was man konkret tun will, um diese vor Terror-Nazis und Dschihadisten und deren Brüdern und Schwestern in Parlamenten, Vereinen und im Internet zu beschützen.
Man ist genügsam geworden, was Brandschutz betrifft. Manchmal wäre man schon froh über ein Löschdeckchen gegen die Feuer im eigenen Haus. Im ARD-Triell angesprochen auf den für seine antisemitischen Äußerungen bekannten Rechtsaußen Hans-Georg Maaßen und auf die Frage, ob er, Armin Laschet, Maaßen wählen würde, flüchtete der Kanzlerkandidat sich ins Ungefähre: Er wähle ja nicht in Suhl-Schmalkalden, Maaßen sei CDU-Mitglied, aber nicht die Mitte der Partei, upsi, hihi. Eine Brandmauer sieht anders aus, das ist bestenfalls ein Paravent, und zwar einer aus Papier. Und es ist nicht das einzige Brandschutzproblem von Laschet, wenn man bedenkt, dass NRW beim islamischen Religionsunterricht an der Kooperation mit der Ditib (ein Moscheeverband, der Erdogan untersteht) und der Islamischen Religionsgemeinschaft NRW (Milli Görüs) festhält. Sein Konkurrent Olaf Scholz steht ihm in nichts nach: Als Erster Bürgermeister Hamburgs schloss er Staatsverträge mit islamischen Verbänden, unter ihnen das Islamische Zentrum Hamburg, das als Zentrale des iranischen Regimes in Europa gilt.
Ebenso wenig wie Islamismus und Rechtsextremismus bisher Wahlkampf-Themen waren, war es die Außenpolitik. Offen bleiben Fragen wie: Wird es ein ,Weiter so‘ mit Autokraten wie Erdogan geben? Wird man sich weiter aus Angst vor ein paar Flüchtlingen erpressen lassen? Wird die Bundesregierung weiter Rüstungsexporte an Länder wie Qatar genehmigen? Und was ist eigentlich aus der Aserbaidschan-Affäre geworden? Wurde wohl – huch – einfach vergessen? Auch hier wären Brandmauern vonnöten.
Islamisten-Nazi-Symbiose
Nicht nur die Politik hat ein Problem mit Brandmauern. Der WDR hat Nemi el-Hassan als neue Moderatorin für die Sendung Quarks vorgestellt. So weit, so gut, nur dass el-Hassan vor einigen Jahren auf der Al-Quds-Demo in Berlin, der Juden-Hass-Parade mitmarschiert ist und beim Poetryslam antiisraelische Reime vorgetragen hat. Kritik und Nachfragen sind richtig, schließlich landet man nicht zufällig beim Al-Quds-Marsch. Bei H&M zu klauen ist vielleicht eine Jugendsünde, auf der Al-Quds-Demo mitzulaufen nicht. El-Hassan hat sich mittlerweile entschuldigt und bezeichnet ihre Teilnahme als Fehler (immerhin – tun ja nicht alle). Man würde sich eine sachliche Debatte wünschen. Leider rief die ganze Geschichte vor allem Islamisten auf den Plan, die sofort jede Kritik als Islamfeindlichkeit labeln, sowie Nazis, die dem WDR den Geldhahn zudrehen wollen.
Die gute alte Islamisten-Nazi-Symbiose funktioniert wie eh und je, da können sich Ameise und Blattlaus noch was abschauen. Oder um bei der Brandmetapher zu bleiben: Islamisten und Nazis kippen sich gegenseitig Öl ins Feuer. Manchmal ist man sich auch einig. Da feiern Rechte schon mal im Internet die Taliban, und die AfD will gleich Nägeln mit Köpfen machen und fordert die Anerkennung ihrer Regierung – natürlich nur, um weiter nach Afghanistan abschieben zu können. Auch in der Vergangenheit kam es hin und wieder zu islamistisch-rechten Querfronten. So sprach der ehemalige NPD-Chef Udo Voigt 2002 auf einer Kundgebung der islamistischen Hizb ut-Tahrir – Antisemitismus verbindet.
Es ist ein Schwelbrand
Und die sogenannte Mitte der Gesellschaft? Die ist damit beschäftigt, Islamisten und Rechte zu normalisieren. Da brennt schon der Küchentisch, aber man stellt sich trotzdem an den Herd und kocht seelenruhig weiter. Da treffen sich Shahak Shapira und Islamisten-Influencer Tarek Bae (ehemaliger Mitarbeiter der AKP-nahen Stiftung Seta) in einem Video-Podcast und rauchen Shisha. Da gehen Journalisten beim rechtsradikalen Powercouple Kubitschek & Kositza ein und aus (zuletzt Greta Taubert für eine lustige Doppelgänger-Geschichte im Zeit-Magazin). Da tritt der Journalist Emran Feroz bei Lanz auf, und niemand fragt, warum er seit Jahren für den Erdogan-Propaganda-Sender TRT schreibt.
Rechtsextremismus und Islamismus kommen nicht mit großem Knall und Leuchtschrift daher, damit es auch der Letzte versteht. Es ist ein Schwelbrand: Eine Grenzüberschreitung folgt auf die nächste und geht einher mit schleichender Normalisierung. Wenn das Feuer die eigene Hütte erfasst hat, helfen Brandmauern auch nicht mehr. Kann jemand bitte mal den Feuerlöscher holen?