Israel auf dem Irrweg
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Premierminister Benjamin Netanjahu Bild: Reuters
Das neue Regierungsbündnis in der Knesset hat eine lange Vorgeschichte. Denn der Staat und die Gesellschaft Israels haben sich seit zwanzig Jahren immer mehr nach rechts bewegt. Ein Gastbeitrag.
Israels Wahlergebnisse haben mit dem Sieg von Benjamin Netanjahu eine Serie von vier Wahlen innerhalb von drei Jahren beendet, bei denen keines der Lager pro und contra Netanjahu einen klaren Sieg erringen konnte. Nun ist es Netanjahu gelungen, ein rechtes Regierungsbündnis zu schmieden, unter anderem mit der rassistischen Partei Utsmah Yihudit von Ben Gvir (F.A.Z. vom 2. November). Die linkszionistische Partei Meretz scheiterte an der 3,5-Prozent-Hürde, weshalb sie erstmals nicht in der Knesset vertreten ist, während sich die Zersplitterung der Stimmen innerhalb der palästinensischen Bürgerschaft Israels fortsetzt. Statt einer gemeinsamen Liste hatten sich drei verschiedene Listen zur Wahl gestellt; zwei von ihnen, Hadash und die mit der islamischen Bewegung verbundene Einheitsliste, erreichten die nötige Stimmenzahl, während Balad scheiterte. Dabei hätte gerade Balad eine klare Opposition zur gegenwärtigen Politik geboten, da sie Israel zu einem Staat für alle Bürger machen will.
Die Kombination aus Netanjahu als Premier, dem Gerichtsverfahren drohen, und Ben Gvir ist gefährlich (F.A.Z. von vorgestern). Zumal Netanjahu offensichtlich daran interessiert ist, seine strafrechtlichen Probleme ungeschoren zu überstehen. Die einzige Möglichkeit, das zu erreichen, ist die Schwächung der Gerichtsbarkeit durch die Verabschiedung neuer Gesetze, die der Knesset ein Vetorecht gegenüber den Gerichten einräumen würde. Dieses Ziel trifft sich mit Ben Gvirs Absicht, verstärkt die Palästinenser anzugreifen und es den Siedlermilizen zu ermöglichen, auch mittels Gewalt weiteres Land zu übernehmen. Die rassistische Rechte befindet sich in Israel seit mehr als zwei Jahrzehnten im Aufstieg. Seit dem Zusammenbruch des Friedensprozesses im Jahr 2000, dem Ausbruch der zweiten Intifada und dem 11. September haben sich der Staat wie auch die Gesellschaft Israels immer mehr nach rechts bewegt und damit die Möglichkeit ausgeschlossen, je einen Kompromiss mit dem palästinensischen Volk zu erreichen.
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