Hätte er doch bloß nichts von der AfD erzählt!
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Weil er zwei junge Frauen rassistisch beleidigt und attackiert haben soll, steht der Berliner AfD-Politiker Kai Borrmann (vorne r) in der Hauptstadt vor Gericht Bild: dpa
Der plötzlich unverstandene Gewährsmann: Cornelia Koppetsch sagt im Strafprozess gegen ihren Lebensgefährten Kai Borrmann aus. Der AfD-Politiker ist der Körperverletzung und Beleidigung angeklagt.
„Es klang etwas akademisch“, sagte die Zeugin vorgestern in Saal 105 des Kriminalgerichts Moabit über das, was sie an einem Sonntagabend im August 2021 zu späterer Stunde von einer Unterhaltung am Nachbartisch im Außenbereich eines Cafés in Berlin-Mitte mitbekommen hatte. Im Sprachgebrauch der allgemeinen Bevölkerung heißt akademisch so viel wie nicht auf Anhieb verständlich. Die Zeugin, Cornelia Koppetsch, ist aber nicht nur selbst Akademikerin, sondern als Professorin für Soziologie an der Technischen Universität Darmstadt in besonderer Weise ausgewiesen in der Herstellung, Verwendung und Verwertung akademischer Texte. Der akademische Duktus einer mitgehörten Konversation dürfte für sie typischerweise kein Verständnishindernis sein. Gleichwohl erfuhr die Richterin von der Zeugin nur sehr wenig über den Inhalt des Gesprächs, das ein Mann, ihr Begleiter, mit zwei jüngeren, ihm vorher unbekannten Frauen anknüpfte, nachdem man etwa zwei Stunden lang an benachbarten Tischen gesessen hatte. Es sei, nur daran konnte sich Koppetsch erinnern, um Schwarz-Sein im Allgemeinen gegangen und um Begriffe dafür.
Die Anklage legt Kai Borrmann, dem Lebensgefährten der Professorin, zur Last, ein heutzutage verfemtes, mit N beginnendes Wort für Menschen dunkler Hautfarbe auf seine beiden Gesprächspartnerinnen im Besonderen angewendet und sie dadurch beleidigt zu haben. Später, als beide Parteien das Lokal verlassen hatten, kam es auf offener Straße zu einer körperlichen Auseinandersetzung zwischen Borrmann und den beiden Frauen. Die Musikjournalistin, die als Nebenklägerin auftritt, trug eine Bisswunde am Arm davon, die erst nach einem Jahr verheilt war. Vor dem Kampf hatte sich Koppetsch auf ihrem Fahrrad entfernt. Wegen Körperverletzung und Beleidigung beantragte die Staatsanwältin eine Freiheitsstrafe von sieben Monaten auf Bewährung. Am Dienstag kommender Woche will die Richterin das letzte Wort des Angeklagten hören und das Urteil verkünden.
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