Die Neuerfindung des Potsdamer Platzes
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Schön ist was anderes? Blick auf den Potsdamer Platz in Berlin. Bild: Picture Alliance
Das ganze Unglück dieser Berliner Straßenkreuzung ist, dass sie seit jeher so bedeutend sein will: Jetzt ist sie zum Fall für einen New Yorker Unternehmer geworden, der ungenutzten Orten wieder Leben einhauchen will.
Die Autos kommen von Osten, Westen, Süden und Norden, auch die Buslinie 200 kommt, alle halten sich an die Ampelzeichen und viele sogar an die 30-Kilometer-Geschwindigkeitsbegrenzung, die von der Leipziger Straße an bis hinein in die Potsdamer Straße gilt. Der Verkehr, wie soll man es anders sagen, fließt, und zwar ordentlich. Auch die Menschen, die aus den S- und U-Bahn-Stationen kommen, warten bei Rot an der Kreuzung und gucken auf ihre Smartphones. Es ist voller als sonst, denn es ist Berlinale, viele Menschen tragen die Akkreditierungskarten der Filmfestspiele an einem Band um den Hals, aber so voll, dass es eng würde, ist es auch wieder nicht.
Das ist, kurz gesagt, die Wahrheit des Potsdamer Platzes: eine Straßenkreuzung mitten in Berlin. Das ganze Unglück des Platzes ist, dass er sich mit dieser Wahrheit nicht zufrieden gibt, dass er bedeutend sein will, irgendwie so wie früher, vor dem Krieg („Die Nacht glüht auf in Kilowatts“, schrieb der vom Platz aufgewühlte Erich Kästner 1929), aber eben dadurch gleichzeitig ganz Gegenwart, wenn nicht sogar Zukunft. Deshalb gibt es links und rechts der Potsdamer Straße Kinos, Hotels, Restaurants, eine Mall, eine Spielbank sowie das Theater am Potsdamer Platz, das Stage Bluemax Theater und das Club Theater Berlin. Aber nichts außer der Berlinale und der diffusen Ambition, die von dem Namen „Potsdamer Platz“ ausgeht, halten diese versprengten Etablissements zusammen und geben einen Grund her, sie als Ensemble zu besuchen – weshalb es bisher vor allem unzureichend informierte Touristen waren, die sich dort verirrten.
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