Eine Intensivpflegerin versorgt auf der Intensivstation im Krankenhaus in Braunschweig einen an Covid-19 erkrankten Patienten. Bild: dpa
Eine Infektion mit dem Omikron-Virus verläuft öfter milde. Dennoch erweist sich die neue Welle für die Politik und ihre Ratgeber zunehmend als Gift. Gibt es eine Deutungshoheit um die beste Strategie?
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Der Eindruck, die Pandemie könnte wieder mal an einem entscheidenden Punkt angelangt sein, wird durch die jüngsten Bund-Länder-Beschlüsse geradezu erstickt. Keine weiteren Corona-Maßnahmen momentan erforderlich, allerdings auch keine Lockerungen. Wiedervorlage in Berlin Mitte Februar. Die Medizin kennt solche Strategien als „Wait and see“. Sie greift am besten, wenn die weitere Entwicklung unentschieden ist, wenn der Tumor so langsam wächst, dass Eingreifen möglicherweise sogar die schlechteste Maßnahme ist. Im Fall der Pandemie hat sich die Politik damit schon ein paarmal versucht. Es ist jedoch weder ihrem Pandemiemanagement noch der Gesellschaft gut bekommen, weil das Abwarten in einer Pandemie eine fatale Unentschlossenheit bedeutet. Zu spät und unvorbereitet, das war die erste sichere Diagnose in jeder exponentiellen Phase.
In der Omikron-Welle kommt nun dazu, dass sich große Teile der pandemiemüden Gesellschaft und Politik in einer Sicherheit wähnen, die sich mehr auf Debatten- als auf Datenlage stützen kann. Das neue, statistisch gesehen durch mehr mildere Verläufe ausgezeichnete Virus provoziert diesen unentschlossenen Umgang geradezu. Es ist eine perfide evolutionäre Strategie des Erregers, könnte man beinahe sagen: in Sicherheit wiegen und die Lücken ausnutzen. In Dänemark, einem der ersten Länder mit besonders hoher Impfquote, in denen sich Omikron seit Dezember ausgebreitet hat, sinken die Hospitalisierungs- und Todeszahlen keineswegs. Sie steigen. Die Wochen-Inzidenzen, die bei uns wegen der Kontaktbeschränkungen zum Schutz vor Delta erst mit einiger Verzögerung hoch geschnellt und nun bundesweit auf tausend Neuinfektionen pro hunderttausend zusteuern, waren in Dänemark schon vor Wochen bereits bei annähernd zweitausend angekommen.
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